BEZNESS AS USUAL von Alex Pitstra


Das Geschäft mit der Liebe

Der Niederländer Alex Pitstra unternahm mit seinem Filmprojekt „Bezness as usual“ den Versuch, seine Familiengeschichte aufzuarbeiten, schuf aber eine Dokumentation, die, über zehn Jahre hinweg entstanden, von kulturellen Unterschieden, Annäherungen und schließlich unüberwindbaren Hindernissen erzählt.

Die Doku “Bezness as usual” von Alex Pitstra überzeugte bei ALFILM 2017. Foto: ALFILM
Die Doku “Bezness as usual” von Alex Pitstra überzeugte bei ALFILM 2017. Foto: ALFILM

Tunesien galt in den 1970er Jahren als beliebter exotischer Urlaubsort für viele Nordeuropäer. Offenbar vor allem Frauen ließen sich auf einheimische, junge Männer ein, die, zumindest zum Teil, eine solche Beziehung bewusst anstrebten und daraus ein Geschäft, ein „Bezness“, machten. Die Verbindung sollte ihnen die Türen Europas öffnen und somit eine finanziell abgesicherte Zukunft garantieren. Im Falle des Regisseurs kam es zur Hochzeit zwischen seiner holländischen Mutter und seinem, einige Jahre jüngeren, tunesischen Vater. Das Paar lebte mehrere Jahre in den Niederlanden, wo auch Pitstra zur Welt kam. Nach einer anfänglichen Phase der Eintracht und des Verliebtseins überwogen die Tücken und Realitäten des Alltags. Zu diesen Dynamiken, die alle Liebesbeziehungen über kurz oder lang erleben, kam es in der Ehe zusätzlich zu kulturell bedingten Missverständnissen oder entgegengesetzten Überzeugungen. Schließlich trennte sich das Paar und Pitstras Vater kehrte nach Tunesien zurück, unter anderem weil er sich offensichtlich in den Niederlanden wegen Diebstahls strafbar machte.

Nach zwanzig Jahren besucht der Regisseur Tunesien zum ersten Mal und lernt seinen Vater kennen, der ihn mit offenen Armen empfängt. Der gutaussehende, extrovertierte Mitte-Fünfzigjährige gibt sich insgesamt wenig beeindruckt, als sei es ganz selbstverständlich, dass nun zusammenwachse, was zusammengehöre. Diese Haltung überträgt sich auch auf die weiteren Familienmitglieder vor Ort und weckt im ersten Moment ein berührendes Gefühl, das Zuschauer und Regisseur gleichermaßen befällt.
Nach und nach kommt eine andere Ebene hinzu. Pitstra erfährt, dass er eine Halbschwester in der Schweiz hat und bemüht sich, diese dazu zu überzeugen, ebenfalls nach Tunesien zu reisen, um den gemeinsamen Vater kennenzulernen. Jasmins Vorbehalte auch nach dem Treffen mit dem Vater zeigen Pitstra erst, welche Ausmaße das „Bezness“ seines Vaters und fast all seiner Brüder hat.

Die Geschwister können sich nicht des Eindrucks befreien, dass ihr Vater sie, nun anstelle ihrer Mütter, als Einkommensquelle ausnutzen will. Zwischen den Beteiligten stellen sich Fragen der Loyalität, der Familienbande und des Vertrauens. Pitstra und seine Schwester sind hin und her gerissen zwischen dem Wunsch ihre Wurzeln und ihren Vater kennenzulernen, ohne den sie aber auch jahrelang erfolgreich gelebt haben, und ihrem Verhältnis zu ihren Müttern, die eine ganz andere, pessimistische und zum Teil verbitterte, Sicht auf die Ereignisse der Vergangenheit haben. Die Zerrissenheit zwischen zwei unterschiedlichen Kulturen zu stehen, bereitet ihnen Schwierigkeiten und doch erweitert der Umstand vermutlich ihren Horizont.

Pitstra beobachtet durch seine Kamera die Menschen genau, ohne sie bloßzustellen. Geschickt fängt er auch komische Momente ein, die der Dokumentation zusätzlich eine rührende Seite geben.

Teresa Vena

Bezness as usual„, Regie: Alex Pitstra