„Before Midnight“ von Richard Linklater


Traumpaar zum Dritten: Julie Delpy und Ethan Hawke in "Before Midnight". Foto: Berlinale.

Traumpaar zum Dritten: Julie Delpy und Ethan Hawke in "Before Midnight". Foto: Berlinale

Versöhnungssex mit Hoffnungsschimmer

Ich glaube der Herr hier verpasst seinen Flug„, sagt Celine in der letzten Szene von „Before Sunset“ (2004) und lächelt dabei so verführerisch, dass Jesse nur noch antworten kann „Ich weiß„. Damals traf sich das Paar aus der Kultromanze „Before Sunrise“ (1995) bei Jesses Autorenlesung in Paris zum zweiten Mal und wieder wird vor der sommerlichen Kulisse einer europäischen Stadt geredet, philosophiert und zwischen den Zeilen geflirtet. Dieser zweite Teil der „Before-Trilogie“ von Regisseur Richard Linklater knüpfte nahezu nahtlos an den ersten an. Der Zeitdruck trieb zudem die Handlung voran: Die Frage, wie ernsthaft die Gefühle des humorvollen und lebensfrohen Amerikaners Jesse und der schlagfertigen, bisweilen etwas zynischen Französin Celine seien würden, schwebte in jeder Szene im Subtext mit. Dass dabei die Schauspieler Julie Delphy und Ethan Hawke auch immer ein bisschen sich selbst spielten, während sie über Liebe, Beziehungen, Umweltverschmutzung und Kultur debattierten und damit einer ganzen Generation den Spiegel vorhielten, machte den Reiz der beiden Filme aus.

In dem dritten Teil, der entgegen aller Dementi des Trios Linklater-Delphy-Hawke den neunjährigen Abstand ihrer Vorgänger exakt einhält, ist es nun vorbei mit der romantischen Aufbruchsstimmung, in der man sich für gewöhnlich zwischen 20 und 30 bewegt. Jesse und Celine, so erfährt man gleich am Anfang während einer Autofahrt durch das sommerliche Griechenland sind seit diesem Abend in Paris ein Paar. Es gibt den Sohn aus erster Ehe und siebenjährige Zwillingsmädchen, die auf der Rückbank selig schlafen. Zwar steigt das Paar gleich zu Anfang wieder in ihren alten Diskurs zwischen liebevoller Frotzelei und ernsthafter Diskussion ein, doch es mischen sich auch aggressivere Töne in die Unterhaltung: Jesse leidet unter der räumlichen Trennung von seinem 13-Jährigen Sohn, der bei der Mutter in Chicago lebt, Celine reagiert ungehalten auf die Idee, eventuell in die USA zu ziehen. Es gibt also erste Missstimmungen zwischen dem einstigen Traumpaar und das ist neu. Zudem wird die traute Zweierrunde aufgebrochen, die Familie ist im Urlaub auf den Peloponnes, am Abendbrottisch sitzen Freunde, vor denen Celine nun ihren ganzen Frust über ihren amerikanischen „Macho-Mann“ ablässt. Der Konflikt verschärft sich, als die beiden später allein im Hotelzimmer landen: Nach allen Regeln der Kunst werden hier angestaute Frustration und Enttäuschung ausgebreitet, man erfährt einiges über die vergangenen neun Jahre und auch, dass der Entschluss zusammen zu bleiben, nicht ohne Opfer auf beiden Seiten von statten ging.

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