„Stereo“ von Maximilian Erlenwein
Auf Genrestreifzug mit Vogel & Bleibtreu
Lautstark knattert das Motorrad mit Tempo 130 über die Landstraße zwischen grünen Auen und goldenen Feldern. Am Steuer sitzt ein ölverschmierter, tätowierter und sehr glücklicher Mann namens Erik, der gerade auf dem Weg zu seiner Freundin Julia ist. Das plötzlich auftauchende Blaulicht hinter ihm unterbricht die Fahrt, der dazugehörige Polizist verlangt nach seinen Papieren. „Wollen Sie sich etwa so nach Öl stinkend mit ihrer Freundin treffen?“ – „Sie steht drauf“, entgegnet Erik mit dem dreisten Grinsen eines Jürgen Vogels, für den diese Rolle wie maßgeschneidert passt. Ansonsten ist Eriks Leben aber total dufte. Mit der eigenen Motorradwerkstatt verbindet er Hobby und Brotlohn, mit der Freundin und seiner Stieftochter ein bequemes familiäres Nest.
Was zunächst wie eine banale SAT1-Sommerkomödie losgeht, vollzieht jedoch recht schnell den Sprung zum Psychothriller, Moritz Bleibtreu sei Dank. Der tritt in „Stereo“ von Maximilian Erlenwein nämlich als mysteriöse Gestalt namens Henry in Erscheinung, die sich mit gesenktem Kopf und dunkler Kapuze plötzlich an Eriks Fersen heftet und dem provinziellen Heititei einen verstörenden Riegel vorschiebt. Als zeitgleich auch noch ein grimmiger Typ in Eriks Werkstatt auftaucht, der irgendwas von unbeglichenen Rechnungen faselt, gewinnt das schizophrene Mindgame nochmal zusätzlich an Fahrt.
Deutsche Spielfilme scheinen sich häufig unfreiwillig dem Urteil ihrer Zuschauer ausliefern zu müssen, ob die Leinwand nicht doch eine Spur zu größenwahnsinnig ist und sie vielleicht besser mit dem risikoärmeren Fernsehformat Vorlieb genommen hätten. „Stereo“ gibt aber auch im Kino eine solide Figur ab, was angesichts zweier Darsteller mit zahlreichen Antihelden-Psychos in der eigenen Filmografie allerdings auch nicht so schwierig ist.