„Die Räuber“ von Frank Hoffmann & Pol Cruchten



Allen voran Isild Le Besco als Amalia, die wie ein Gespenst blass durch den Film schwebt. Wenn ihre Amalia dann doch Emotionen zeigt und ihren geliebten Bruder Karl in die Arme schließt, bleibt sie kühl und überzeugt kaum.
Auch Éric Caravacas Karl lässt mehr mit sich machen, als dass er die Armee seiner Faust frei lässt und sich zum Räuberhauptmann aufschwingt. Karl fühlt sich offenbar unwohl, als er die nächste Operation leiten soll und scheint sich in keiner Minute des Films sicher, ob er die Zusammenarbeit mit den Räubern wirklich möchte, obwohl er dies beteuert. Das bisschen freiheitliches Räuber-Feeling, welches aufkommt, als er mit seiner Beute durch den Wald flieht, zerstört sich die Rolle selbst, da sie unbedingt den angeschossenen, alten Bandenchef mitschleifen muss. Von den Escher-Geschwistern befreit sich lediglich Robinson Stévenin als Franz im Laufe des Films aus seinem Rollenkorsett. Szene für Szene bricht mehr Eifersucht und Hass aus ihm heraus, was seine verräterischen Taten am Bruder schon fast verständlich machen.

Immerhin sprach das Regie-Duo dem Escher Vater Spielraum für Interpretation zu. Maximilian Schell übernimmt in seiner letzten Rolle, bevor der österreichische Oscar-Preisträger 2014 verstarb, den alten Bankier. Bei ihm kommt all die Verbitterung und Resignation zum Ausdruck, die nur jemand fühlt, wenn seine Familie sich und das Unternehmen zerstört. Leidvoll muss er mit ansehen, wie seine Kinder sich gegenseitig schaden und einsehen, dass ihm eine heile Familie wichtig ist – und doch kann er sich nicht von seinem Lebenswerk lossagen. Schließlich findet er wohl als einziger Freiheit. In dem er alles aufgibt: seine Familie, sein Unternehmen und sich selbst.

Karl sieht zum Schluss mit einem amüsierten, völlig aus der unterkühlt trostlosen Film-Atmosphäre fallenden Unterton ein, dass er mit seiner Rehabilitation nur das Gefängnis gewechselt hat.
Somit stellt „Die Räuber“ zumindest Deutschlehrer und Literaturstudenten zufrieden: Das von Schiller viel geliebte Motiv der Freiheit scheitert – im Film wie in der heutigen Gesellschaft, die Gewinn maximierende Unternehmen ebenso prägen wie 1782 im kriegszerstückelten Deutschland.

Auf den Film zurück blickend irritiert der lange Vorspann, den die Regisseure Frank Hoffmann und Pol Cruchten hinter dem Faust-Armee-Prolog schicken, der durch seine bunten Farben und dem The Cure Song „Lullaby“ weder ins 18. noch ins 21. Jahrhundert passt. Der internationalen Produktion verleiht der poppige Vorspann zunächst einen deutlichen Retro-Touch, der aber nicht weiter verfolgt wird und sich daher in keinster Weise in den Film einfügt.

Nika Waginzik

Die Räuber„, Regie: Frank Hoffmann und Pol Cruchten, DarstellerInnen: Maximilian Schell, Éric Caravaca, Robinson Stévenin, Isild Le Besco, Kinostart: 19. März 2015

1 2