„Dragan Wende – West Berlin“ von Dragan von Petrovic und Lena Müller


Dragan Wende: Die Lebensgeschichte des gescheiterten Pimps, Foto: DOK Leipzig 2012

Dragan Wende: Die Lebensgeschichte des gescheiterten Pimps, Foto: DOK Leipzig 2012

Rolf Edens vergessener Gefolgsmann

Dragan Wende, Held unzähliger Familiensagen, hat es in Berlin zu etwas gebracht. Angelockt von den verklärten Heldenepen der Familie macht sich Dragans Neffe, der Kameramann Vuk, auf, dem Glücksritter nachzufolgen in die Stadt, wo Milch und Honig fließen. Angekommen in Berlin, findet er was vom berühmten Onkel übrig bleibt: Einen alternden Gauner, der tatsächlich die Geschichten mitschrieb, die über ihn erzählt werden. Er war dabei in der goldenen Ära West-Berlins – doch nur weitaus seltener mittendrin, als er selbst wahrhaben möchte.

Während sich Dragans Vater Mile, den das Wirtschaftswunder als Gastarbeiter lockte, als Maurer plagte, zog es Dragan ins Nachtleben und die Halbwelt. Nachts arbeitete er in den angesagten Ku’damm-Clubs des Westens und nutzte seine Privilegien als Jugoslawe – er konnte ohne Visum in den Osten reisen – für kleine Gaunereien. In den legendären Etablissements von Rolf Eden umarmte er hübsche Frauen und feierte bis zum Abwinken. Doch als der Playboy seinen alten Wegbegleiter in dessen trister Bude besucht, kann der sich kaum an die Leute erinnern, die ihn auf all den Fotos an den kargen Wänden umarmen – während sie für Dragan die guten alten Zeiten aufleben lassen. Sie nehmen einen Ehrenplatz ein, genau wie ein altes Klavier aus einem der Eden-Clubs. Sie stehen für den schönen Schein seines Lebens.

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