„Frantz“ von François Ozon


Als Inspirationsquelle führt Ozon den Film von Ernst Lubitsch „Broken Lullaby“ (auch „The Man I Killed„) von 1932, der sich wiederum auf ein französisches Theaterstück von Maurice Rostand „L’homme que j’ai tué“ (1930) bezieht, an. Obwohl die Handlungen der beiden Filme weitgehend deckungsgleich sind, handelt es sich um zwei eigenständige Werke, da Ozon mit der Wahl einer anderen Erzählperspektive als bei Lubitsch eine entscheidende dramaturgische Neuerung einbringt. Das Geheimnis Adriens bleibt dem Zuschauer so lange wie möglich vorenthalten und lässt ihm Spielraum für eigene Ausmalungen. Auf diese Weise weiß der Autor die Spannung zu halten.

Im Wesentlichen setzt Ozon auf eine reduzierte Anzahl von Schauplätzen und Figuren, die dem Film einen Kammerspielcharakter geben. Die Besetzung, Rekonstruktion des Dekors und die Mischung zwischen den beiden Sprachen, Deutsch und Französisch, lassen den Film authentisch wirken. Als eindrücklich erweist sich zudem die Entscheidung für die dominierende schwarz-weiße Fotografie, die stellenweise gezielt von einer zurückhaltenden, blassen Färbung durchbrochen wird: Ein Wechsel, der für das Schwanken der Protagonisten zwischen verschiedenen Gefühlsebenen steht und dermaßen natürlich wirkt, dass er eher unbewusst wahrgenommen wird. „Frantz“ bewahrt – bis auf das Ende, dem etwas Aufgesetztes anhaftet – einen einheitlichen bildästhetischen und erzählerischen Fluss und funktioniert als zeitloses Melodrama.

Auf den ersten Blick kommt einem der Film in gewisser Weise anachronistisch vor, unzeitgemäß und eine Epoche betrachtend, die kaum mehr im allgemeinen Bewusstsein vorherrscht. Die Hinwendung zum unmodisch Retrospektiven, der ihnen eine surreale Note gibt, ist grundsätzlich allen Ozon-Filmen eigen. Die Beschäftigung mit dem Ersten Weltkrieg, der als Symbol des sinnlosen Krieges schlechthin gilt und offenbar in der französischen Kultur eine stärkere Erinnerungspräsenz hat als in der deutschen, kann auch als friedenspolitisches Plädoyer in einer kriegerischen Gegenwart gesehen werden.

Teresa Vena

Frantz„, Regie: François Ozon, Darsteller: Paula Beer, Pierre Niney, Ernst Stötzner, Marie Gruber, Johann von Bülow, Anton von Lucke, Cyrielle Clair, Alice de Lencquesaing, Kinostart: 29. September 2016

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