„Girl“ von Lukas Dhont


Lara (VICTOR POLSTER) beim Ballettunterricht mit Freundinnen. (c) Menuet

Der Mut eines Mädchens

Ganz leise und unspektakulär kommt „Girl„, das Spielfilmdebüt des Flamen Lukas Dhont daher. Umso nachhaltiger und eindrücklicher wird es im Zuschauer nachhallen. Seit seiner Fertigstellung Anfang des Jahres reist der Film von einem internationalen Festival zum anderen, feierte seine Weltpremiere in Cannes in der Sektion „Un certain regard“, wo er die Caméra d’Or für den besten Erstlingsfilm und die Queer Palm gewann. Auch in San Sebastiàn und Zürich feierte er Erfolge. „Girl“ ist zudem Belgiens Beitrag für den Oscar in der Kategorie des Besten Fremdsprachigen Films.

Genauso einfach und unaufgeregt wie der Titel selbst, erzählt „Girl“ die Geschichte eines 15-jährigen Mädchens, das für ihren Traum lebt, Balletttänzerin zu werden. Lara wurde allerdings als Junge geboren. Selbst fühlt sie sich aber als Mädchen und wird dabei bedingungslos von ihrem Vater und Bruder, mit denen sie lebt, unterstützt. Mit der Zustimmung des Vaters ist es ihr auch als Minderjährige und noch Heranwachsende möglich, eine Geschlechtsumwandlung durchführen zu lassen. Doch gleichzeitig besteht in der Ballettschule sehr hoher Konkurrenzdruck, so dass der rigorose Trainingsplan und die strenge Disziplinierung Laras Körper zusetzen und ihre bevorstehende Operation in Gefahr bringen.

Dhont und sein Co-Drehbuchautor Angelo Tijssens haben eine einfühlsame Vater-Tochter-Beziehung beschrieben, die rührt und versöhnlich stimmt. Sie schaffen dies, ohne übermäßigen Pathos zu verwenden. Die Figuren wirken authentisch und ihre Emotionen glaubhaft. Das Thema der Intersexualität oder Transsexualität bei Kindern und Heranwachsenden zu behandeln, beweist eine ausgesprochene Sensibilität und auch einen gewissen Mut, kommt es ansonsten nur wenig im zeitgenössischen Film zum Ausdruck. Als anderes Beispiel kann hier Lucia Puenzas „XXY“ von 2007 erwähnt werden.

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