„Jack Strong“ von Władysław Pasikowski



Einfache, eindimensionale Aussagen wie diese reihen sich in „Jack Strong“ pausenlos aneinander. Die Russen wollen einen enttarnten Spion loswerden? Sie werfen ihn in einen Hochofen. Die Amerikaner wollen sich für Kuklińskis Hilfe revanchieren? Sie zeichnen ihn mit einem Orden aus. Geradezu penetrant versucht Pasikowski, klar zu machen, auf welcher Seite er steht und auf welcher er doch bitte auch den Zuschauer sehen möchte.
Für Zwischentöne, Differenzierungen und innere Konflikte ist kein Raum. Das ist zwar infantil, ließe sich aber beinahe ganz nett anschauen. Denn als Agententhriller ist „Jack Strong“ zwar etwas glatt, aber gar nicht mal schlecht gemacht. Es gibt geheime Treffen, allerlei technischen Schnickschnack und eine rasante Verfolgungsjagd durchs vereiste Warschau. Pasikowski versteht es, Spannung zu erzeugen.

Doch genau in diesem Punkt überdreht er die Schraube: Parallel zur eigentlichen Handlung schneidet der Regisseur immer wieder Bilder von einem Verhör. Die Situation ist bedrohlich, sie suggeriert, dass Kukliński enttarnt und verhaftet wurde. Pasikowski nimmt das billigend in Kauf, um dem Rest des Films die Spannung nicht zu nehmen. Dass das vermeintliche Verhör jedoch eher ein Gespräch ist, dass Kukliński sicher in Washington sitzt und nun noch einmal, Jahre später, von seiner Spionage berichten soll, das verrät der Film erst ganz zum Schluss. Mit diesem Taschenspielertrick vernichtet Pasikowski jedes Vertrauen zu der Geschichte, die er zuvor fast zwei Stunden ausgewalzt hat. Er überrascht die Zuschauer damit nicht. Er stößt sie vor den Kopf.

Von Mathias Puddig

Jack Strong„, Regie: Władysław Pasikowski, DarstellerInnen: Marcin Dorociński, Maja Ostaszewska, Patrick Wilson, Dimitri Bilov

Die Filmkritik von Mathias Puddig entstand im 2. deutsch-polnischen Programm „Über Filme schreiben ist über die Welt schreiben“ für junge Journalisten und Filmkritiker.

Weitere Beiträge:
– Die Kritik „Nicht anfassen, sonst geht die Welt unter“ von Nadine Schrader zu „Kleine Dellen“ von Aleksandra Gowin und Ireneusz Grzyb
– Die Review „Wie ein Wunder“ von Natalie Junghof zu „In meinem Kopf ein Universum“ von Maciej Pieprzyca
– Die Kritik „Wir sind da – polnische Juden in Polen“ von Itamar Gov zu „We Are Here“ von Francine Zuckerman
– Die Review „Ohne Kompromisse“ von Mathias Puddig zu „Hardkor Disko“ von Krzysztof Skonieczny
– Die Filmkritik „Le Corbusier lässt grüßen zu „Superjednostka“ von Tereza Czepiec
– Die Doppelkritik „Realität und Fiktion“ von Lena Hauschild zu „Warschau 44“ & „Warschauer Aufstand“ von Regisseru Jan Komasa, der das Thema in einem Spiel- und einem Dokumentarfilm verarbeitete
– Die Kritik „Kampf um Anerkennung und Liebe“ von Katharina Retzlaff zu „Domino Effekt“ von Elwira Niewiera & Piotr Rosołowski

1 2