„Julieta“ von Pedro Almodóvar
Ein „realistischer“ Almodóvar
Nach der Premiere in Cannes wurde der neueste Streich von Pedro Almodóvar von der Presse als „Geniestreich“ oder „das beste Werk in Almodóvars Karriere“ gepriesen, doch wirkt „Julieta“ vielmehr als ein flaches Selbstplagiat der eigenen älteren Arbeiten.
Weiterlesen: Unser Bericht aus Cannes „Zwischen Regen, Terrorangst und Frauenpower“
Die titelgebende Julieta will mit ihrem Partner Madrid verlassen, um in Portugal ein neues Leben zu beginnen. Einen Tag vor der Abreise trifft sie zufällig auf eine alte Freundin ihrer Tochter Antía, die diese offenbar im Urlaub in der Schweiz getroffen hat. Die Begegnung durchfährt Julieta wie ein Blitz, schlagartig holt sie die Vergangenheit und mit ihr ein bis dahin erfolgreich verdrängtes Trauma ein.
Vor 13 Jahren verlies Antía Madrid ohne Erklärung und hinterließ als einziges Lebenszeichen eine unpersönliche Geburtstagskarte. Neue Hoffnung steigt in Julieta auf, wieder Nachricht von ihrer Tochter zu bekommen. Dafür zieht sie in die alte Wohnung, die einzige Adresse, die der Tochter bekannt wäre. Von den Erinnerungen an die gemeinsamen Jahre und den Tod von Antiás Vater überwältigt, verfällt Julieta in eine Art Trancezustand. Genauso erging es ihr nach dem tödlichen Unfall ihres Mannes, für den sie sich die Schuld gibt.
Die Beziehung zu ihrer Tochter erlitt damals einen entscheidenden Bruch, der dann Jahre später offenbar letztere zu ihrem Schritt bewog. Über die genauen Umstände und Antías Gründe lässt Almodóvar den Zuschauer lange rätseln. Die Auflösung fällt schließlich weitaus unspektakulärer – und uninspirierter – aus, als man es angesichts eines Films des Autors erwarten würde.