„Licht“ von Barbara Albert


In "Licht" von Barbara Albert übernimmt Maria Dragus die Hauptrolle. © Christian Schulz, NGF, LOOKS

In „Licht“ von Barbara Albert übernimmt Maria Dragus die Hauptrolle. © Christian Schulz, NGF, LOOKS

Blindes Vertrauen

Wien 1777: „Ich möchte niemand sein, der nichts kann und nichts ist.“ Resi (Maria Dragus) ist verzweifelt. Die sonst so taktsichere Musikerin, trifft am Piano nicht mehr die richtigen Töne. Ihre Angst, die Gabe der Musik zu verlieren, ist deutlich spürbar.
Wenige Wochen zuvor: Der Raum ist gefüllt mit Wiener Adel. Die Kamera blickt in Großaufnahme auf eine junge Frau am Piano. Ihre Augen sind gerötet. Sie wirkt mit ihrem Blick abwesend. Wunderbare Musik hallt durch den Raum. Die Gäste sind sichtlich zwiegespalten, denn die Pianistin Maria Theresia Paradie ist blind. Maria hat schon mehr als eine Behandlung hinter sich – alle vergebens. Ihre Eltern sind dennoch überzeugt, dass ihre Tochter geheilt werden kann. Und so begeben sie sich für einen letzten Versuch zu dem Arzt Franz Anton Messmer (Devid Striesow). Mit einer – zur damaligen Zeit – umstrittenen Methode, will er der Patientin das Augenlicht wieder geben.

In ihrer ersten historischen Regiearbeit lässt Barbara Albert einen eigenen Kosmos entstehen, der die dargestellte Epoche nicht ständig durchsickern lässt. Das Kostümdrama könnte mit seiner Thematik auch gut in die Gegenwart passen, da es einem modernen Rhythmus verfolgt. Die Nähe zu den handelnden Personen, scheint der Filmemacherin sehr wichtig: Zwar gibt es aufwendige Kostüme und eine perfekt-detaillierte Ausstattung und doch entschied sie sich für ein reduziertes Bild. Viele Kameraeinstellungen zeigen die Personen – besonders Maria Theresia – in Nahaufnahmen oder Halbtotalen. Die Kamera hält dabei aber immer eine gewisse Distanz ein. Ein direktes Eindringen in die Welt der Pianistin wird nur vereinzelt durch impressionistische Bilder mit Point-of-View-Wechsel möglich. In diesen Momenten blickt der Zuschauer, wie durch ein Milchglas und nimmt die Umwelt nur verzerrt wahr. Bei dem Großteil der Bilder fungiert er als stiller Beobachter der Handlung. Die Kamera führt sein Auge nah an Gesichtern, Händen oder Gegenständen vorbei. Trotz gehaltener Distanz der Kamera, wird der Eindruck erweckt, man könne Resi verstehen, ist ihr nah und fühlt, was sie sieht. So entsteht eine sehr sinnliche Bildkomposition.

Im Verlauf der Handlung entwickelt und emanzipiert Resi sich deutlich. Spulen wir an den Anfang zurück, blicken wir auf ein Mädchen mit erröteten, verdrehten Augen und gekrümmter Haltung. Mit dem Betreten des Arzt-Hauses ändert sich der Blick auf die junge Dame. Die Rötungen verschwinden, Maria Theresia richtet sich auf, befreit sich und entwickelt Selbstbewusstsein. So viel, dass die bevormundete Musikerin gegen ihre Eltern aufbegehrt.
Die Schauspielerin Maria Dragus verkörpert ihre Figur mit viel Einfühlungsvermögen, Authentizität und Herz. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet der Ton, der den Zuschauer Geräusche wie Vogelgezwitscher oder Regentropfen intensiver wahrnehmen lässt. In ihrer Entwicklung muss sich Resi nicht zuletzt selbst die Frage stellen: Licht oder Dunkelheit?
In dem Haus ihrer Eltern war sie förmlich blind: geschnürt in ein Korsett aus klaustrophobischer Enge. Erst im Hause Messmers kann die Behandlung endlich anschlagen. Sie nimmt vermehrt Farben und Gegenstände wahr, verliert aber ihr Gespür für die Musik nach und nach. Erst durch einen Streit mit ihren Eltern und der daraus resultierenden Zwangsrückkehr nach Hause, kehrt die Gabe zurück. Der Preis dafür ist ihr gerade erst wieder gewonnenes Licht. Sie erblindet erneut.

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