„Liebe mich!“ von Philipp Eichholtz



Gerade mal zehn Drehtage und sechs Drehbuchseiten hat es gebraucht, um das improvisierte Berliner Mumblecore-Märchen „Liebe mich!“ unter der Regie von Philipp Eichholtz zu realisieren. Umso beachtlicher ist das Ergebnis, das schon jetzt eine Prognose in Richtung heimlicher Festival-Favorit rechtfertigt.  Empathisch, selbstironisch und mit einem frischen Blick schildert der Film die Irrwege und Querschläge seiner adoleszenten Großstädterin, die so viel richtig machen will und trotzdem permanent Schelte für ihre Entscheidungen kassiert. An vorderster Front von ihrem Vater (Peter Trabner), der großzügig Kritik austeilt und geizig die Brieftasche stecken lässt, als Sarah ihn um Hilfe wegen dem zerlegten MacBook bittet. Die Aufforderung des Filmtitels findet in ihm einen weiteren, dringend benötigten Adressaten.

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Es hilft nichts, Sarah muss ihre Wohnung für vier Monate untervermieten, um eine stattliche Summe von 2000 Euro zusammenzukratzen. In der Hoffnung, das verbliebene Bündel Metallschrott wieder zum Laufen zu bringen, wird sie bei einem Computer-Fachmann namens Oli (Christian Ehrich) vorstellig. Der kann ihr zwar auch nicht helfen, schafft aber Raum für eine weitere Botschaft des Films, die sich allmählich in Sarahs Bewusstsein festsetzt: Es gibt sie noch, die netten Jungs und Männer, die nicht am nächsten Morgen die Kurve kratzen und sich von Zuneigung berauscht gern auch mal für ein Mädchen zum Deppen machen. Und die sogar das grauenvollste Familienkaffeetrinken aller Zeiten überstehen, auch wenn alles schon wieder aus den Fugen gerät.

Produziert nach dem Sehr-gute-Filme-Manifest von Axel Ranisch, hier ebenfalls in einer kleineren Nebenrolle zu sehen, beweist „Liebe mich!„, dass angesichts einer mitreißenden Geschichte und vielschichtiger Charaktere ein großes Produktionsbudget nicht nur verzichtbar, sondern komplett überflüssig sein kann. Selten gab es auf der Leinwand eine romantische und zugleich ganz und gar nicht kitschige Postkartenansicht einer Stadt, die ihre schnelllebigen Gefühle doch eigentlich in erster Linie an sich selbst zurückbindet.

Alina Impe

Liebe mich!„, Regie: Philipp Eichholtz, DarstellerInnen: Lilli Meinhardt, Christian Ehrich, Maggy Domschke, Peter Trabner, Davide Brizzi, Eva Bay, Axel Ranisch, Kinostart: 20. August 2015

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