„Orania“ von Tobias Lindner


"Orania": Tradition ist ein eigentümlichliches Gut. Foto: Kinostar Filmverleih

"Orania": Tradition ist ein eigentümlichliches Gut. Fotos: Kinostar Filmverleih

Von und für Weiße

„Unser Ideal schnürt uns zusammen“,  ist auf einem leicht verblichenen Schild zu lesen. Ein Leitsatz, unter dem Anfang der 90er Jahre in der südafrikanischen Provinz Nordkap die Siedlung Orania gegründet wurde. Heute leben in der kleinen Gemeinde etwas mehr als 500 Familien, zumeist Afrikaans – weiße Afrikaner niederländischer Abstammung. Orania wirkt auf den ersten Blick wie ein Idyll inmitten einer Wüste: Gepflegte Vorgärten, blitzsaubere Bürgersteige, Rasensprenger, Schwimmbad und eine Radiostation, die dem Hörer traditionelle Kochrezepturen nahelegt. Jeder hilft jedem. Die Gemeinschaft zählt. Hier wird das Wort Heimat noch groß geschrieben. Den Einwohnern ginge es blendend, wenn, ja wenn da nicht die anderen  wären: Die Fremden, die Schwarzen, die es nun einmal in Afrika gibt.

Tobias Lindners Dokumentarfilm „Orania“ führt an einen Ort, in dem Rassisten das Offensichtliche verleugnen und er gibt einen zaghaften Einblick in die Gedankenwelt von Apartheidsfreunden, die es tunlichst vermeiden, dieses Wort in den Mund zu nehmen. Oft sogar ist Lindners Blick zu zaghaft, man wünscht sich an nicht wenigen Stellen dieses Films eine scharfe, zugespitzte Nachfrage, die dieses vermeintliche Idyll mit wenigen Worten entlarvt. Dass Lindner auf diese Offensichtlichkeit verzichtet, ist dennoch nachvollziehbar, seine Protagonisten tun das zur Genüge. Die sind nach Selbstaussage keine Rassisten, maximal Nationalisten, auf jeden Fall aber volkstümelnde Idealisten, – manchmal auch nur Desorientierte, wie der Jugendliche Baksteen etwa, der seiner Mutter zuliebe in Orania schlecht entlohnten Arbeitsdienst schiebt – die sich einen eigenen Staat für sich und ihre Angehörigen wünschen, weil sie um ihre Volksidentität fürchten.

1 2