„Rezept“ von Erik Lemke (August 20)


„Rezept“ ist unser Open Screening Kurzfilm des Monats August 2020.

Direktes Feedback im Liegestuhl: Im Sommer gibt es die Berliner Institution des „Open Screenings“ auch als Open Air Special im Cassiopeia, dieses Jahr zum zweiten Mal mit der Prämierung des „Open Screening Film des Jahres“ (unterstützt von 25p *cine support GmbH – Filmtechnikverleih Berlin). Zunächst werden die vier nominierten besten Filme des letzten Jahres vorgestellt und das Publikum wählt daraus den „Open Screening Film des Jahres“. Danach geht’s mit dem Open Screening los: Wie gehabt können Filmeschaffende ihre Kurzfilme ganz ohne Anmeldung, Vorauswahl und Jury präsentieren und jeweils nach der Vorführung mit den anwesenden Zuschauer*innen ins Gespräch kommen. Lauthalse Kritik gehört mitunter dazu – was nicht gefällt, kann vom Publikum mit mehrheitlich gezogener roter Karte gestoppt werden.

Bei unserem Open Screening-Kurzfilm des Monats zeigen wir nicht nur den Film in voller Länge sondern unterhalten uns im Interview mit den Filmeschaffenden über den Film, die Entstehung und deren weitere Pläne. Auf la ballade du baladeur“ von Herbert Hut im Juli folgt nun „Rezept“ von Erik Lemke mit Barbara Bertram. Es ist bereits das zweite Interview mit Erik: Im Dezember 2018 war sein „Die Kraft, das Richtige zu tun“ schon einmal das Kurzfilm-Projekt des Monats auf berliner-filmfestivals.de.

Weiterlesen: Hier geht’s zum Interview mit Erik Lemke im Dezember 2018.

Viel Vergnügen bei unserem Interview mit Erik Lemke und natürlich mit dem Kurzfilm, in dem sich (fast) alles ums Kochen dreht.

Erik, worum geht es in deinem Kurzfilm „Rezept“?
Mit dem Film habe ich mich an einem Genre versucht, dessen künstlerische Qualitäten bisher unterschätzt wurden, nämlich am Genre der Kochsendung. Inhaltlich denkbar unspektakulär sieht man in „Rezept“ eine Frau, die sich am Küchenblock selbst verwirklicht, um ihre Freunde zu verköstigen. Dabei kann ihre charmante Art nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Ergebnis ihrer Arbeit gelinde gesagt ungenießbar ist.

Wie ist die Idee dazu entstanden?
Der Film ist als Beitrag zu einem Gedichtfilmwettbewerb der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik entstanden. Er basiert auf dem Gedicht „Rezept“ von Joachim Ringelnatz. Ich wusste sofort, dass man das als banale Kochshow ohne gespielten Witz oder Übertreibung inszenieren müsste. Ringelnatz selbst hat gern ernste Lyrik unmerklich in Unsinn abgleiten lassen. Das Leben war ein Spiel für ihn.

Barbara Bertram privat im Sommer 2020

Was kannst Du uns über die Schauspielerin in der Hauptrolle erzählen?
Barbara Bertram lernte ich bei einer Vorführung des Films „Eine große Liebe“ kennen, in dem sie 1949 ihr Leinwanddebüt hatte. Sie ist Absolventin der Otto-Falckenberg-Schule in München, hat in Münster, München und Berlin Theater gespielt und in Bochum unter Peter Zadek. Sie gehört der Generation an, in der Männer ihre Frauen von der Bühne weg geheiratet haben, um ihnen dann sehr bestimmt nahezulegen, dass sie ab sofort Hausfrauen sein „dürfen“. Barbara Bertram war nach eigener Aussage stocksauer, hat sich aber gefügt. Nach der Trennung von ihrem ersten Mann hat sie für den ADAC Messestände betreut. Ich wollte sie unbedingt wieder vor die Kamera holen.


Wie wurde der Film technisch umgesetzt?
Wenn man No-Budget-Projekte macht, muss man alle Beteiligten schonen. Ich zeichne vorher ein Storyboard, besorge die Requisiten und dann wird das hintereinanderweg gedreht. Es muss kein langer Text gelernt werden, weil nach fast jedem Satz geschnitten wird. Gedreht wurde in einer größeren Wohnung im Excelsior-Haus am Anhalter Bahnhof, zwei Stockwerke unter meiner Wohnung. Auch die anderen Darsteller sind Mieter des Hauses. Die Filmmusik hat mein Freund Raymond Hughes eingespielt. Wenn er am Flügel improvisiert, hat das Schmiss und klingt zugleich gewaltig und düster. Für „Rezept“ sollte es hingegen freundlich sein und gar nicht jazzig. Im Ergebnis war mir der Film dann sogar zu brav. Also ist die Lösung, im Schnitt solange zu kürzen, bis die Einstellungen maximal schnell aufeinander folgen. So ist es wenigstens kurzweilig.

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