„Slow West“ von John Maclean


"Slow West" von John Maclean nimmt seine Zuschauer mit in ein widerspenstiges Land. Foto: Filmfest München

„Slow West“ von John Maclean nimmt seine Zuschauer mit in ein widerspenstiges Land. Foto: Filmfest München

Der Tod kennt keine Eile

Zwei Männer reiten durch eine neue, unberührte Welt. Wogende Felder, glasklare Gewässer und sattes Grün künden bereits von der optimistischen Aussicht auf ein besseres Leben. Von einem Neuanfang, der alles möglich macht. Doch der Schein trügt. Das Land, das die beiden Männer durchqueren, steht auf einem Fundament aus Gewalt. Bislang nährt nur versickertes Blut den fruchtbaren Boden. Verdammt sind jene, die töten, um nicht getötet zu werden. Glücklich sind die, die zumindest ein Ziel dabei vor Augen haben.

Jay Cavendish (Kodi Smit-McFee) hat ein Ziel. Gerade erst den Kinderschuhen entwachsen, lässt er sein Zuhause in Schottland hinter sich, um seine große Liebe Rose im jungfräulichen und gesetzlosen Westen Amerikas aufzuspüren. Rose musste gemeinsam mit ihrem Vater fliehen, da dieser in Schottland des Mordes an Jays Onkel bezichtigt wird. Doch ihr Ruf ist ihnen vorausgeeilt: 2000 Dollar, tot oder lebendig, sind als Belohnung für die beiden ausgesetzt. Das wissen nicht nur die dortigen Kopfgeldjäger, sondern auch Jays Begleiter Silas (Michael Fassbender), der während der Suche nach ihnen Jays Leib und Leben schützt.

John Macleans „Slow West“ bewegt sich dramaturgisch zwischen lakonischem Frontier-Abenteuer mit naturromantischem Schauwert und der Freundschaftsgeschichte zweier gegensätzlicher Antihelden, wie sie vielleicht die Coen-Brüder erzählen würden. In der Formation Smit-McPhee und Fassbender trifft Unschuld auf Schuld, Enthusiasmus auf Resignation und Naivität auf Zynismus. Ein junges Leben, glatt und makellos, und ein älteres, bereits vernarbt und versehrt. Keines von beiden hat größeren Wert, in der trügerischen Idylle des goldenen Westens folgt der Tod ihnen auf Schritt und Tritt überall hin. Mal ist es der Sheriff, der in diesen gesetzlosen Zeiten die Seiten gewechselt hat. Mal ist es ein verarmtes Paar, das für eine Handvoll Dollar das eigene Überleben mit dem Töten anderer rechtfertigt. Und manchmal ist es ein alter Erzfeind, der sich wie eine Zecke im Nacken der ungleichen Freunde festgebissen hat – darauf lauernd, dass sie ihn zu Rose‘ Versteck führen. Wer den Blick vom verheißungsvollen Horizont abwendet, wird zwangsläufig in ein Mündungsfeuer schauen. Beides ist hier gleichermaßen gewöhnlich.

1 2