„The Voices“ („Die Stimmen“) von Marjane Satrapi


Die Hauptfigur des naiven, freundlichen Sonderlings, von Ryan Reynolds überzeugend und ohne Übertreibungen gespielt, bleibt dem Zuschauer den ganzen Film hindurch sympathisch – selbst als er eine Serie von Leichen zu verantworten hat. An seinem guten Willen kann nicht gezweifelt werden, doch lässt er sich leider von seinen inneren, tierischen Stimmen leiten („Ich versuche, ein guter Mensch zu sein, aber dann kommt der Kater“) – ein klares Symptom für die psychische Krankheit Schizophrenie. Hund und Katze, die bereits an sich als antagonistische Symbole gelten, übernehmen in „The Voices“ die Stimme der Vernunft und respektive der Unvernunft. Halluzinationen, wie sie Jerry heimsuchen, gehören ebenso zum Krankheitsbild und verhelfen dem Film zu seiner skurril-komischen Grundatmosphäre.

Mit der Ernsthaftigkeit des Themas geht der Film nicht leichtfertig um, sondern erzählt auf ungewöhnliche und eben amüsante Art von den möglichen, extremen und erschreckenden Auswirkungen eines unkontrollierten Verlaufs einer solchen Erkrankung. „The Voices“ erinnert darin an „Drecksau“ („Filth„, 2013) von Jon S. Baird, in dem es zu einem ähnlich radikalen Schluss kommt. Doch entscheidet sich Regisseurin Marjane Satrapi hier für eine liebevollere Zeichnung der Protagonisten, ihr Film ist weniger bedrängend, weniger realistisch, als das schottische Pendant. Die Komik entwickelt sich in „The Voices“ aus den lakonischen Dialogen, dem Spiel des Hauptdarstellers und in weiten Teilen aus der stilsicheren, verschroben-kitschigen Ausstattung. Jerrys Wohnung, in Rot- und Brauntönen eingerichtet, erinnert genauso wie seine Kleidung an die Mode der 1960er Jahre. In der Fabrik dominiert rosa, beim Klebeband, der Arbeitskleidung und sogar den Gabelstaplern, in deren Manöver Jerry die Inszenierung eines Balletstücks sieht.

Durch die überspitzte Ausmalung dieser imaginierten Welt vergrößert der Film den Kontrast zur Realität und erzeugt für den Zuschauer eine gewünschte Distanz zum Geschehen. So stellt sich spätestens beim Abspann, bei dem das Sitzenbleiben lohnt, ein versöhnliches Gefühl ein.

Teresa Vena

The Voices“ („Die Stimmen„), Regie: Marjane Satrapi, Darsteller: Ryan Reynolds, Gemma Arterton, Anna Kendrick, Jacki Weaver, Kinostart: 23. April 2015

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