Teil 2: Wir blicken zurück auf das Jahr 2012


UNSACHLICH, SUBJKTIV, ZERSPRENGT von Carolin Weidner

Am Ende des Jahres möchte ich eigentlich nicht darüber nachdenken, was die vergangenen Monate so alles passiert – oder, und das wird gerne vergessen, NICHT passiert ist. Meist bin ich ohnehin ganz woanders, springe vor und zurück: Fragmente, Fragmente, Fragmente. Manche schön, einige weniger, nun ja. Und unbedingt teilen mag ich die auch nicht. Kürzlich also die E-Mail, in der um einen filmischen Jahresrückblick gebeten wurde. Hm. Mein erster Gedanke: „Oh nein. Alles vergessen und keine Lust, zu suchen.“  Klar, Splitter sind vorhanden. Mit Film haben die jedoch nichts zu tun. Zumindest nicht offenkundig. Denn der fräst sich lieber heimlich durchs Hirn, verschiebt ein paar Dinge und schießt durch irgendeinen Trigger wieder ins Bewusstsein, magisch fast. Manchmal macht er verliebt und lässt mich Szenen zwanghaft wiederholen. Eigentlich aber ist er eine Liebe, der Film. Ich spüre sie dumpf, hinterfrage sie nicht. Bis das Blitzen wiederkommt. Sehr kitschig. Aber deswegen nicht minder wahr. Also: Ich bin mir sicher, dass etwas stattgefunden hat. Zwischen mir, dem Kinosaal und dem, was auf der Leinwand geschah. Folglich auch auf Filmfestivals. Aber es ist schwierig…

Wenn ich ehrlich bin, erinnere ich mich vorrangig an die Jahreszeiten. Ich stelle mir diese zwölf Monate vor wie einen Kreis, mit unterschiedlichen Farben. Versuche ich mich an den Mai zu erinnern, werfe ich einen Pfeil auf das Jahr, als ob es ein Globus sei – und hoffe auf Bilder zu stoßen. Und da sind zweifellos auch die Filmfestivals. Ich denke an das HKW, in dem ich 2012 einige Tage verbracht habe (transmediale, Recontres Internationales, Documtentary Forum). Sehe mich auf dem Dachplateau, mal im Regen, dann im Dunkeln, nette Gespräche oder ermüdende, beobachte den Tiergarten, die Menschen, die Kinder. Höre die nahegelegene Kirche und die Schiffe. Erinnere mich, dass ich im Sommer mein Fahrrad vorm Gebäude parkte und an die vielen verpassten Busse, wenn dieses einen Platten hatte. Klingt langweilig? Vielleicht. Ich mag das. Und dieser Text soll keinen Nutzwert haben. So, wie es sich gehört, für einen ordentlichen Jahresrückblick.

Teddy Awards? Da gab es einen Mann, der besonders gut roch. Ich fragte ihn nach seinem Parfum und habe dieses nun zu Weihnachten verschenkt. Drei Minuten tanzte ich zu Madonna, bevor die Scham überwog. Eine Currywurst gab es auch nicht. Die Schlange war zu lang. Filmfestival Eberswalde: Autofahrt bei Starkregen und eine Frau kickt mein Getränk über Kopfsteinpflaster. Musik-Film-Marathon – die schönsten Nächte und Operngesang. Pornfilmfestival: Döner, Schwänze, zu viel Bier. Und so geht es weiter. Essen, Wetter, Fahrradfahrten. Gefühliges und Pragmatisches. Dazwischen, natürlich, die Filme. Das alles ist miteinander verwoben, Projektblöcke, reichlich bunt. Schwerlich aufzudröseln. Glücklicherweise! Ich freue mich zu 34,1Prozent auf das neue Jahr, zu 24,3 Prozent bin ich froh, dass dieses vorüber ist. Die restlichen 41,6 Prozent sagen: Ist egal. Eine gesunde Mischung. Sie bedeutet wohl auch, dass es 2012 nicht allzu schlecht gewesen sein kann. Sicher auch wegen der Festivals. Und Heino Jaeger! Ein Weltuntergang wäre dennoch romantisch gewesen. Irgendwie.

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