Sehsüchte 2013: Festivaltagebuch

Pendeln zwischen Mut und Befindlichkeiten


Popcorn und Kurzfilm

Popcorn und Kurzfilm

Tag 3: 180-Grad-Extrawurst

„Frauen-Herz-Institut? Kenn‘ war nich!“, sagt der freundliche Bauarbeiter. Die DHL-Frau neben ihm schüttelt traurig den Kopf. Eigentlich sollte im zentral gelegenen Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut heute eine zukunftsweisende 180-Grad-Filmpräsentation zu bestaunen sein. Nur irgendwie stimmt die Adresse nicht. Und dafür bin ich so früh aufgestanden? Die Zukunft des Kinos beginnt und ich bin nicht dabei. Verdammt! Resigniert stapfe ich zurück zur HFF, wo Laura vom Festivalteam mir den Tag rettet. Ein paar Telefonate und eine halbe Stunde später braust Eike der Shuttlefahrer heran und kutschiert mich nun zur richtigen Adresse. Eigentlich ist das Programm schon längst vorbei, aber Hannes vom Retro- und Futuro-Team organisiert mir eine zweite Sondervorstellung des Konzeptfilms „Die Reise der Imagonauten„. Anschließend diskutiere ich mit dem Filmemacher Philipp Wenning und dessen Dozenten Bernhard Albrecht über das Kino von Morgen, von Gestern und über sich anpassende Sehgewohnheiten. „Gekrümmte Leinwände sind eigentlich nichts Neues, denn das gab es ja schon zu Roadshow-Zeiten“ klugscheiße ich und freue mich insgeheim, dass ich in einem zurückliegenden Seminar an meinem Institut mal aufgepasst habe. Das wirkliche Innovative an der Idee ist jedoch der Sound, der nun omnipräsent die Aufmerksamkeit des Zuschauers steuern kann und für ein rundes Klangerlebnis sorgt.

Bei dem anschließenden 3D-Workshop an der HFF, wo nur so mit Fachtermini um sich geworfen wird, halte ich lieber die Klappe. Ich verstehe nur, dass ein 3D-Projekt „a lot of people“ und „a lot of money“ benötigt, weil sonst „a lot of problems“ dabei herauskommen. Nach einer halben Stunde schleiche ich mich lieber unauffällig davon, um Popcorn zu kaufen und noch ein paar Kurzfilme zu schauen. Über die alte Frau in „Reborning„, die mit Leidenschaft gruselig-echt aussehende Babypuppen bastelt und über die Dreiecksgeschichte zwischen einem Vater, seiner Philippinischen Import-Frau („Annalyn„) und seiner lesbischen Tochter vermag ich zwar auch nicht zu urteilen, aber immerhin fühle ich mich wieder in meinem Metier zuhause. Nach dem Film ist eben nicht vor der Film.

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