Interview mit Claudia Flumenbaum, Leiterin des Berlinale Dolmetscher-Service

Englisch ist nicht gleich Englisch


Claudia Flumenbaum folgte ihrer Mutter als Leiterin des Berlinale-Dolmetscher-Service nach.

Claudia Flumenbaum folgte ihrer Mutter als Leiterin des Berlinale-Dolmetscher-Service nach.

Kommunikation ist das A und O – auch bei einem Filmfestival, wo verschiedene Sprachen aufeinander prallen. Bei der Berlinale ist das Dolmetschen in gewisser Weise Family-Business. Claudia Flumenbaum leitet den Dolmetscher-Service des Filmfests. Ihren Vornamen verdankt sie der großen italienischen Diva Claudia Cardinale, die einst ihre Mutter, die das Dolmetschen bei der Berlinale etablierte, beeindruckte. Im Interview blickt sie auf die Jahrzehnte zurück, erklärt, wo die Schwierigkeiten des Berufs liegen und bedauert, dass die Internationationalen Filmfestspiele mit einer Tradition brechen.

Frau Flumenbaum, was denken Sie, wenn Sie einen Film mit Claudia Cardinale sehen?
Claudia Flumenbaum:
Sie war eine große Schauspielerin und darüber hinaus meine Namensgeberin. Meine Mutter entschied damals, nachdem sie Cardinale bei der Berlinale kennen gelernt hat, mir diesen Vornamen zu geben.

Wie oft sind die beiden sich begegnet?
Beim ersten Mal war ich noch nicht auf der Welt. Einige Jahre später war ich ein Blumenmädchen und durfte ihr Blumen überreichen. Da gab es sogar einen Artikel in der BZ: „Claudia trifft Claudia„. Da war ich fünf oder sechs. Von der Begegnung gibt es ein Foto, das ich noch Zuhause habe.

Sie sind selbst keine Dolmetscherin…
Aber ich bin quasi in der Kabine aufgewachsen. Meine Mutter war Dolmetscherin und hat mich überall hin mitgenommen, weshalb ich – ob ich wollte oder nicht – alles über das Dolmetschen erfahren habe, was es zu wissen gibt. Mich selbst hat es, vielleicht auch deshalb, nie angezogen. Ich wurde auch nicht zweisprachig erzogen. Man kann mit einer Sprachbegabung jede Sprache lernen, vielleicht bin ich sogar sprachbegabt, aber mich hat der Beruf eher abgeschreckt. Meine Mutter war sehr wenig Zuhause. In den Jahrzehnten, in denen sie aktiv war, war der Beruf Dolmetscher nicht sehr verbreitet und sie wurde überall hin geholt. Es ist ein Beruf, der nicht immer mit der Familie vereinbar ist.

Und doch sind Sie in gewisser Weise in ihre Fußstapfen getreten, oder?
Vor über zwanzig Jahren hat mich meine Mutter bei der Berlinale gefragt, ob ich nicht als ihre Assistentin mitwirken möchte. So bekam ich immer größere Aufgabenbereiche. Natürlich nicht nur auf die Berlinale bezogen, sondern in ihrer Firma. Es ging immer mehr um die Organisation von Dolmetschern, was ich auch heute mache.

Ist Englisch als Weltsprache auf dem Vormarsch?
Auf jeden Fall. Insofern, dass oft kein Dolmetschen stattfindet und alles auf Englisch gemacht wird. Veranstaltungen, die früher einen Dolmetscher erfordert haben, kommen nun ohne aus. Dabei wird oft übersehen, dass Englisch nicht gleich Englisch ist. Das ist ein Trugschluss. Fachkongresse über Dinge wie Bautechnik, erfordern Fachbegriffe. Gehobenes Englisch hat eine andere Qualität, als das Englisch, das „jeder spricht“.

Bei der Berlinale gibt es häufig Publikumsgespräche in Englisch.
Ja, aber da wurde aus Erfahrungen gelernt. Z. B. beim Panorama versucht die Gästebetreuung schon im Vorfeld ganz genau zu klären, wie gut das Englisch der Gäste ist. Man erklärt Ihnen, dass sie auf einer Bühne stehen oder auf dem Pressekonferenz-Podium sitzen und dort vor teilweise hunderten von Leuten Englisch sprechen müssen. Die Gäste werden gefragt, ob sie sich das zutrauen oder ob sie lieber einen Dolmetscher haben wollen. Es gibt immer Menschen mit übersteigertem Selbstwertgefühl, die denken sie können es und können es dann nicht. Wir versuchen das auf ein Minimum zu reduzieren.

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