Dennis Vetter, Vorstand im Verband der Filmkritik, im Interview zur 1. Woche der Kritik

Die ehemalige Opposition ist fester Teil des Festivalapparats


Dennis Vetter ist Vorstand im Verband der deutschen Filmkritik, der die 1. Woche der Kritik in Berlin organisiert.

Dennis Vetter ist Vorstand im Verband der deutschen Filmkritik, der die 1. Woche der Kritik in Berlin organisiert.

Berliner Filmfestivals Autorin Teresa Vena hat Fragen an Dennis Vetter, Vorstand im Verband der Filmkritik einige Fragen zur ersten Woche der Kritik gestellt. Vetter ist unzufrieden mit dem Status Quo – und das lässt er in seinen teils kurzatmigen Antworten durchklingen.

Herr Vetter, Sie sprechen davon, dass sich der Kulturjournalismus und damit die Filmkritik in einer Krise befinden. Wie kam es Ihrer Meinung dazu? Inwiefern sind die eigenen Akteure daran beteiligt?
Dennis Vetter:
Wir sprechen nicht von einer Krise. Denn von einer Krise zu sprechen, ist erstens verkürzend und zweitens lähmend. Natürlich: In vielen Texten, die aktuell zum Kino entstehen, sieht man an, dass sie durch schwierige Bedingungen geprägt sind. Jedes Urteil wird aber im Gespräch mit den meisten Kritikern relativiert. Die machen sich alle spannende Gedanken, aber Printredaktionen können schlichtweg wenig Wagemut zeigen. Das Schreiben findet gleichermaßen neue Plattformen und Ausdrucksformen, die sich erst noch kulturpolitisch etablieren müssen. Mir scheint fast, das Lesen generell befindet sich im Widerstreit mit einer immer stärker bilddominierten Kulturlandschaft. Beteiligt an deren Entwicklung sind wir alle. Und insbesondere auch die LeserInnen, die dem Journalismus seine Reichweite verleihen.

An wen ist das Manifest für aktivistische Filmkritik genau gerichtet? Werden auch öffentliche Institutionen anvisiert? Wenn ja, wie könnten sich diese an den erwünschten Veränderungen beteiligen?
Das Flugblatt richtet sich an alle, die etwas dazu zu sagen haben. Es ist eine Anregung zu Diskussionen für alle Akteure der Kinokultur. Wir formulieren darin die Ansicht, dass eine lebendige Auseinandersetzung miteinander sowie der Mut zur Aktion unsere Gesellschaft und unsere Politik lebendig und beweglich hält. Institutionen werden von Menschen betrieben.

Glauben Sie, länderspezifische Unterschiede im Status der Kritik feststellen zu können?
Pressefreiheit ist nicht selbstverständlich.

Eine Woche der Kritik hat sich seit mehreren Jahren im Rahmen der Filmfestivals von Cannes und Locarno bereits etabliert. Wieso findet die erste Woche der Kritik in Berlin erst 2015 zum ersten Mal statt?
1964 riefen Erika und Ulrich Gregor als Reaktion auf die Programmpolitik der Berlinale eine Woche der Kritik ins Leben. Die Veranstaltung war ein wichtiger Impuls für die spätere Gründung des Internationalen Forum des jungen Films. Heute ist die ehemalige Opposition fester Teil eines fast unüberschaubaren Festivalapparats. Die Kritik wiederum steht der Berlinale seit einigen Jahren recht konfrontativ gegenüber. Die Neugründung der Woche der Kritik Berlin soll deren Perspektive zur Diskussion stellen und an die Notwendigkeit einer unabhängigen Außenperspektive erinnern. Modellhaft zeigen wir diese hier ganz konkret auf, kulturpolitisch denken wir sie weiter.

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