31. Internationales Kurzfilmfestival Berlin – Focus On: Baltic States

Kühle Rauheit & verträumte Mythologie


breit7_Giraffe500Festivaldirektor Heinz Hermanns gibt den baltischen Kurzfilmen des Programms des 31. Internationalen Kurzfilmfestivals interfilm bei der Eröffnung die Attribute ‚crazy‘ und ‚weird‘ und soll damit Recht behalten. Mit dem Hinweis, dass man hier nicht zwingend nach Story und Sinn suchen sollte, sondern die kurzen Werke einfach auf sich einwirken lassen, bereitet er sinnvoller Weise das Publikum auf die 4 Programmblöcke der ‚Focus On: Baltic States‘ vor.

Gefühle, Symbole und Metaphern stehen bei den Filmen aus Estland, Litauen und Lettland im Vordergrund. Sicherlich ist es nicht ganz einfach gleich drei Länder in einen Fokus zu rücken. Dennoch gibt es eine Reihe an Ähnlichkeiten, die den baltischen Kurzfilm einen.
Es sind kleine, persönliche Geschichten, ausgedrückt in höchst subjektiver, individueller und origineller Bildsprache: Hybride aus kühler, osteuropäischer Rauheit und verträumter, nordeuropäischer Mythologie, die dabei immer etwas Schüchternheit bewahren. Verspielt vermengen sie Absurdes, Traumwelten, Ekel, Sehnsucht und Realität. Hoffnung gibt es selten. Destruktion und Dekonstruktion schwingen in den meisten Filmen der Programme mit. Aufgefangen wird die Schwere durch subtilen, schwarzen Humor.

Die 4 Blöcke des baltischen Fokus sind sicher keine leichte Kost, aber eröffnen fantasievolle Welten, in denen der Verstand ausgehebelt und Raum für das Wundersame eröffnet wird. Die Animationsfilme bestechen durch ihre aufwändigen, einzigartigen Stile und Tricktechniken. Auch die Kurzspielfilme stehen ihnen in Nichts nach und zeigen kantige Figuren mit warmen Herzen in kargen Umständen. Lediglich Dokumentarfilme lassen die Programme vermissen. Dabei hat es der wunderbare „Cats in Riga“ (Jon Bang Carlsen, Lettland, 2014) zum Glück in den ‚DOC 02 Reality Check‘ Slot des Festivals geschafft.

Zum Auftakt des Fokus Baltikum wurden Filmemacher aus Estland, Litauen und Lettland in das estnische Café „JÄÄ ÄÄR“ geladen, um über die aktuelle Lage des baltischen Kurzfilms zu diskutieren. In gemütlicher Runde konnte man sich austauschen und Schnaps aus allen drei Ländern verkosten. Gespannt lauschten die Gäste dem Gespräch, dass ruhig noch etwas mehr in die Tiefe hätte gehen dürfen. Prinzipiell scheint die Lage optimistisch, auch wenn, wie fast überall auf dem Planeten, der Kurzfilm immernoch deutlich unterrepräsentiert und wenig etabliert ist. Animationsfilmemacher Vladimir Leschiov berichtet davon, dass in Lettland nach einer langen Zeit endlich wieder mehr unabhängige Animationen produziert werden. Kuratorin und Regisseurin Astra Zoldnere freut sich, dass in Lettland auch kleinere Städte beginnen, Kurzfilmfestivals in Leben zu rufen. Dennoch gibt es aktuell nur 5 an der Zahl.
Interesse besteht, denn Regisseur Karolis Kaupinis fügt hinzu, dass in ländlicheren Gegenden spontane Hinterhof-Autokinos veranstaltet werden. Die Platzierung baltischer Kurzfilme als Vorfilm scheint eher problematisch, weil es einfach zu wenig Spielfilme gibt, die in den eigenen Ländern produziert werden. Also zu wenig Filme, an die man überhaupt einen Vorfilm hängen könnte. Festivalleiter Heinz Hermanns motiviert und wirft ein, dass die Stärke des Kurzfilms darin liegt, sich die richtige Nische zu suchen. Gerade das kurze Format, kann neben Kino und Internet auch in Messen, Museen, Veranstaltungen im Allgemeinen oder im Schulunterricht eingesetzt werden. Man muss den geeigneten Distributionskanal eben nur finden.

HIGHLIGHTS aus den Programmen…

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