31. Internationales Kurzfilmfestival Berlin – Focus On: Baltic States

Kühle Rauheit & verträumte Mythologie



BAL 01 Focus On: Baltic States – Animated Worlds

Der baltische Animationsfilm blickt auf eine lange Tradition zurück. Die Filmemacher verstehen ihr Handwerk und wissen es ihr Publikum gekonnt zu verwirren: ein quietschbuntes Programm, das gleichzeitig
einiges abverlangt.
Body Memory“ (Ülo Pikkov, Estland, 2011) lebt von seiner Materialität. Figuren aus Paketschnur kämpfen darum, nicht ihre Körperlichkeit zu verlieren. Untermalt mit Akkordeon-Musik wirkt das Natürliche zum Greifen nah. Alleine die Idee einen Bleistift an einen Ast zu binden, der Linien auf eine Leinwand nur mittels Wind zeichnet, entlädt das Gefühl, eins mit der Natur zu sein.
Anu-Laura Tuttelberg möchte in 7 Minuten eine absurde Welt eröffnen und schafft dies in „Kärbeste veski“ („Fly Mill„, Estland, 2012) auf beeindruckend atmosphärische Weise. In ihrer Puppentrickanimation schießen Porzellanfiguren auf Fliegen, die zu Nahrung für Gänse verarbeitet werden. In ihrem Film scheint alles hart und fragil zugleich.
Ursus“ (Reinis Petersons, Lettland, 2011) erzählt von einem vermenschlichten Zirkusbären, der zurück zur Natur möchte. Die Dunkelheit der Kohlezeichnungen im Film wird durch sympathische Figuren konterkariert. Und siehe da, erstmals blitzt auch ein Hoffnungsschimmer auf.


BAL 02 Focus On: Baltic States – Longings
Der Programmblock ‚Longings‘ erzählt von Sehnsucht, dem Wunsch nach Zugehörigkeit. Wohin geht die Reise? Wo darf der Anker gelichtet werden? Ankommen.
Im Experimentalfilm „Ku Ku“ („Cuckoo“, Rimantas Lukavicius, Litauen, 2005) fliegen schwarze Partikel um minimalistische Technobeats und verlassene Wohnhäuser. Diese transformieren sich zu Kuckucksuhren. Ein schönes Symbol für die Ewigkeit der Zeit.
Wirklich witzig ist „Elu Herman H. Rott’iga („Life With Herman H. Rott„, Chintis Lundgren, Estland, 2015). Eine chaotische Ratte und eine ordnungsliebende Katze leben zusammen und können sich nicht ausstehen. Eine schön verschrobene Animation, die beweist, dass man es niemanden Recht machen kann.
Im Kurzspielfilm „Vahetus („Shift„, Anu Aun, Estland, 2010) treffen zwei ungleiche Frauen zusammen: eine Polizistin, die ein einfaches Leben führt und die Frau eines reichen Unternehmers. Was beide eint: Sie wollen der Tyrannei ihrer Ehemänner entfliehen. Sowohl die Bilder des rauen Winters, als auch das Schauspiel sorgen für angenehme Beklemmung.

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