ALFILM 2017: Mit Blick zurück nach vorne


Festivalplakat von ALFILM 2017.

Festivalplakat von ALFILM 2017.

Zum 8. Mal nun schon holt das Arabische Filmfestival ALFILM aktuelles arabisches Kino in die Berliner Kieze: Vom 31. März bis 7. April 2017 gibt es im Arsenal in Mitte, im City Kino Wedding und in den Kreuzberger Kinos fsk und Eiszeit berührende, aber auch engagierte Dokumentationen, spannende Spielfilme und überraschende Kurzfilme aus dem arabischen Raum zu sehen.

Sechs Jahre sind es nun schon her, seit dem Beginn des Arabischen Frühlings, als in zahlreichen Ländern die Menschen auf die Straße gingen und für mehr Demokratie und eine Verbesserung der Menschenrechtslage demonstrierten. Von der anfänglichen Euphorie ist heute nichts mehr zu spüren, die Menschenrechtslage hat sich in den meisten Ländern deutlich verschlechtert, die Region gilt als instabiler denn je und in Syrien tobt ein schrecklicher Bürgerkrieg, der eine der schlimmsten Flüchtlingskrisen seit den 1990er Jahren verursacht hat.

Die Filme der offiziellen Auswahl des diesjährigen Arabischen Filmfestivals drehen sich vor allem um die ganz persönlichen, aber auch die globalen Krisen unserer Gegenwart sowie den Versuch, diese aus der Vergangenheit heraus begreifbar zu machen: Das Festival eröffnet mit „Tramontane/Rabih“ von Vatche Boulghourjian, darin begibt sich ein blinder libanesischer Musiker auf die Suche nach seiner wahren Identität und stolpert dabei immer wieder über die Geschichtsvergessenheit seines Landes. Um Vergangenheitsbewältigung im ganz wörtlichen Sinne geht es in Raed Andonis dokumentarischem Reenactement „Ghost Hunting„, der bei der diesjährigen Berlinale mit dem Glashütte Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet wurde und seine traumatischen Erlebnisse im berüchtigten israelischen Verhörzentrum Moskobiya aufarbeitet. Das international gefeierte Kammerspiel „Clash“ von Mohamed Diab zeigt die mit Gewalt aufgeladene Atmosphäre auf dem Ägyptischen Tahrirplatz im Sommer 2013, als die Stimmung in Ägypten bereits kippte, und politische und religiöse Ansichten sich immer weiter radikalisierten. Und die syrische Journalistin Obaidah Zytoon dokumentiert in „The War Show“ in sehr persönlichen Bildern, wie aus engagierten Protesten in Syrien schließlich ein mittlerweile schon sechs Jahre andauernder Bürgerkrieg ungeahnten Ausmaßes geworden ist.

Die Spurensuche und Auseinandersetzung mit den eigenen Wurzeln zieht sich thematisch durchs Programm: In Alex Pitstras Dokumentarfilm „Bezness As Usual“ trifft der niederländische Filmemacher auf seinen unbekannten Vater und die tunesische Großfamilie und die Regisseurin Soleen Yusef schickt in ihrem Debüt „Haus ohne Dach“ drei in Deutschland aufgewachsene Kurden auf eine kathartische Reise quer durch Kurdistan. Der Film wurde 2016 auf dem Filmfest München mit dem Förderpreis Neues Deutsches Kino ausgezeichnet.

ALFILM ist deutschlandweit das wichtigste Festival für den arabischen Film und auch in diesem Jahr werden zahlreiche Filmemacher ihre Filme persönlich vorstellen. Erwartet wird unter anderem Ahmad Saleh, Regisseur des 2016 mit dem Studenten-Oscar ausgezeichneten Stop-Motion-Animationsfilms „Ayny, My Second Eye„.

Neben der beeindruckenden Auswahl zeitgenössischer arabischer Filme wartet die Retrospektive mit einem historischen Highlight auf und zeigt neben einigen Kurzfilme des ägyptischen Regisseurs Shadi Abdel Salam auch seinen einzigen vollständigen Langspielfilm „The Night of Counting the Years (Al-Mummia)„, der 2009 durch das von Martin Scorsese initiierte „World Cinema Project“ aufwändig restauriert worden ist.

Tatiana Braun

ALFILM – Arabisches Filmfestival, 31. März bis 7. April 2017.
Kinos: Arsenal, fsk Kino, City Kino Wedding und Eiszeit Kino.
Das ganze Programm und mehr über ALFILM gibt es auf der Homepage des Festivals.

Unsere Empfehlungen aus dem Programm…

1 2 3 4 5