70. Berlinale: Das Festival-Tagebuch vom Berliner Fenster und Berliner Filmfestivals

Berlinale 2020: Das Tagebuch



Sa, 22. Feb.: Erfrischender Wettbewerb
Der erste Wettbewerb, der die Handschrift des neuen künstlerischen Leiters Carlo Chatrian trägt, hat begonnen. An diesem wird Chatrian gemessen werden… und der Auftakt mit den ersten beiden Werken der prestigereichen Konkurrenz geriet erfrischend wie vielversprechend. Aus Italien das Biopic „Hidden Away“ des Italieners Giorgio Diritti, der das Leben des Künstlers und Außenseiters Antonio Ligabue wie ein Sittenbild zeichnet und Natalia Metas Psychohorror „The Intruder“ aus Argentinien, der das Spiel zwischen Wahn und Realität genüsslich auskostet. Mehr davon!

So, 23. Feb.: Zu Ehren von Jerry Lewis
Jerry Lewis Archiveröffnung. Gestern erhielt die Deutsche Kinemathek Dokumente aus dem Nachlass des 2017 verstorbenen Künstlers. Chris Lewis kam nach Berlin, um das Material seines Vaters zu „The Day the Clown cried“ zu übergeben. Die europäische Koproduktion erzählt die Geschichte eines KZ Clowns und war ein Herzensprojekt des Komikers. Anders als Wikipedia noch heute behauptet, scheiterte der Film an chaotischen Produktionsbedingungen und den von Nat Wachsberger nie eingeholten Filmrechten. Jerry Lewis, selbst Jude, stürzte das Aus in eine Schaffenskrise, erzählt sein Sohn. Die Berlinale widmet ihm ein Special und zeigt am 29. 2. um 17 Uhr „The Nutty Professor„.

Berlin-Film aus der Schweiz: „Schwesterlein“ mit Lars Eidinger und Nina Hoss.

Mo, 24. Feb.: Die Stadt als Star
Das Kino ist der Ort, wo man die Welt zum Singen bringen kann„, erklärte Regisseur Christian Petzold auf der Pressekonferenz. Sein Film „Undine“ ist eine märchenhafte Liebeserklärung an Berlin, die Stadt, die auf Sümpfen gebaut ist. Ganz verzaubert zeigte sich das Publikum nach der Premiere vom inzwischen fünften Berlinale-Wettbewerbsbeitrag Petzolds. „Undine“ konkurriert mit zwei weiteren Berlin-Filmen um den Goldenen Bären, womit die Stadt selbst zum Star wird. Weiter geht es heute mit dem an der Schaubühne angesiedelten Schwesterlein“ (hier unsere Kritik) von Stéphanie Chuat und Veronique Reymond mit Nina Hoss und Lars Eidinger. Am Mittwoch folgt Berlin Alexanderplatz“ (hier die BFF-Kritik) von Burhan Qurbani.

Weiterlesen: Ich mag keine Sexszenen – Christian Petzold im Interview…

Di, 25. Feb.: Frauen eine Stimme
„Wie divers sind die Frauen*bilder des deutschen Films?“, fragt der Verein ProQuote Film, der sich für die Frauenquote im Film einsetzt, anlässlich der Berlinale. „Weiß, hetero, jung“ lautet die ernüchternde Antwort. Diese einseitigen Bilder prägen unsere Wahrnehmung. Deshalb fordert ProQuote-Vorstand (und Cutterin) Susanne Foidl vielfältigere Bilder und findet Unterstützung beim US-Filmkritiker Girish Shambu, der mit seinem Manifest „For A New Cinephilia“ ein Umdenken verlangt. Im Berlinaleprogramm läuft noch bis Donnerstag der Film „Mignonnes“ („Cuties„) von Maïmouna Doucouré, die mit ihrem Beitrag aktuelle weibliche Rollenvorbilder kritisch hinterfragt.

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