SXSW 2021: Vom 16. bis 20. März fand das South by South West online statt


Still aus OFFSEASON von Mickey Keating © Mickey Keaing

Still aus OFFSEASON von Mickey Keating © Mickey Keaing

Ein Wochenende in Austin, Texas

Immer als etwas schwer Erreichbares angesehen, rückte dieses Jahr das SXSW, South by South West, Filmfestival so nahe wie nur möglich – nämlich auf den eigenen Computer. Dem Festival, das nicht nur Filmemachern, sondern auch Musikern und Komikern eine Plattform bietet, eilt ein guter Ruf voraus. Nun konnte man dies, zumindest teilweise, selbst überprüfen. Teilweise, weil zwar das Festival online stattfand, doch leider eine große Anzahl der Langfilme nur innerhalb der USA abrufbar waren.

Einzelne Titel waren bereits in der Auswahl vom Sundance Film Festival, weswegen hier vorgearbeitet werden konnte. Was auf jeden Fall zugänglich war, stach durch eine durchweg überdurchschnittlich hohe Qualität heraus. Unabhängige Produktionen, die offensichtlich mit einem kleinen Budget realisiert wurden, stehen im Fokus des Festivals. Die große Mehrzahl sind dabei US-amerikanischer Herkunft. Das Festival richtet einen Wettbewerb für Spiel- und einen für Dokumentarfilm aus, ergänzt das Programm durch ein paar weitere Sektionen wie den Kurzfilmen, Horrorfilmen und Serien.

Sektionen übergreifend fiel nebst der reduzierten finanziellen Mittel, die die Filmemacher für ihre Projekte zur Verfügung hatten, eindeutig eine Neigung der Festivalmacher für humorvolle Stoffe auf. Den Genres Komödie, Tragikomödie, Horrorkomödie und Horror gehörten die Filme an, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Dies bedeutet nicht, um es gleich klarzustellen, dass sich die Autoren mit seichten Themen beschäftigen. Sie beweisen nur einmal mehr, dass der sogenannte Genre-Film durch Selbstironie durchaus politische Akzente setzen kann – die, wie auch hier, eine Durchschlagskraft haben, die vielen offen politischen Projekten vielfach fehlt.

Udo Kier in SWAN SONG von Todd Stephens © Chris Stephens

Udo Kier in SWAN SONG von Todd Stephens © Chris Stephens

Udo Kier spielt die Rolle seines Lebens in der Tragikomödie SWAN SONG von Todd Stephens. Stephens ist Regisseur, Autor und Produzent, der bereits mehrere Filme zu seinem Repertoire zählt, die sich mit homosexueller Thematik auseinandersetzen. Die Geschichte eines pensionierten Friseurs, der einer alten Freundin ein letztes Mal für ihre Beerdigung die Haare richten soll, spielt in einem Städtchen in Ohio. Sandusky ist der Heimatort des Regisseurs. Hier lässt er Udo Kier als Pat Pitsenberger, den es wirklich gegeben haben soll, in einem schmuddligen Trainingsanzug durch die vereinsamten Straßen schlurfen. Schlagfertig trifft er auf einen Zigarettenverkäufer, der sich über seinen Geschmack wundert und ihn fragt, ob die langen, dünnen Glimmstängel für sein Frau seien. Ja, sie liebe sie, erwidert Pat und steckt sich einen davon an. Mit nur wenigen Dollars in der Tasche, mogelt er sich durch den Tag. Was er beim einen erschnorrt oder stiehlt, gibt er beim anderen großzügig wieder aus. Anspielend auf den Titel des Films ist der Film eine melancholische Ballade auf die letzten Tage im Leben seiner Protagonisten. In der evozierten Atmosphäre erinnert SWAN SONG an PRISCILLA – KÖNIGIN DER WÜSTE (Stephen Elliott, 1994, Australien). Auch hier bäumen sich in die Jahre gekommene Homosexuelle und Lebenskünstler auf der Suche nach Anerkennung nochmals gegen die Vorurteile ihrer Umgebung auf. Kier ist die Rolle des exzentrischen, aber verletzlichen Paradiesvogels auf den Leib geschrieben. Er hat trotz seiner 77 Jahre eine jugendlich-freche Ausstrahlung, die der Rolle den ganzen Charme gibt.

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