63. Nordische Filmtage Lübeck vom 3. bis 7. November 2021


Nordische Filmtage 2021
Nordische Filmtage Key Visual

Filme aus dem Norden im Norden

Die Nordischen Filmtage Lübeck bieten seit nun bereits 1956 Filmen aus dem Norden in Deutschland eine wichtige Plattform. Herausgegangen aus einem Filmclub, der von nicht professionellen Filmliebhabern gegründet wurde, ist das Festival noch heute in erster Linie ein Publikumsfestival. Hier kommen jährlich Filmemacher aus Skandinavien her, um ihre neuesten Produktionen zu präsentieren. Die 63. Ausgabe der Nordischen Filmtage finden in diesem Jahr, nachdem 2020 nur eine Online-Version möglich war, vom 3. bis 7. November in Lübeck statt. Eine große Anzahl der Filme wird zudem innerhalb Deutschland auch online zu sehen sein.

Die Wahrnehmung von skandinavischen Filmen außerhalb der Region selbst war über die Jahre nicht immer gleich konsistent. Einige Länder wie Dänemark waren Vorreiter, mittlerweile gilt Skandinavien als Ganzes als Garant für anspruchsvolle Autorenfilme, ob aus Schweden, Norwegen, Island oder Finnland. In Lübeck ist zudem das Baltikum vertreten. Die Filme aus dieser Region haben einige Gemeinsamkeiten, wenn es beispielsweise um die Stimmung geht, die sie evozieren. Landschaft und Natur spielen oft eine wesentliche Rolle in den Geschichten und prägen die filmische Form. Natürlich unterscheiden sich die Werke aber auch massiv, da jedes Land mit anderen gesellschaftlichen Realitäten konfrontiert ist.

Der Stand von Filmen aus dem Norden lässt sich an den Programmen internationaler Filmfestivals aus aller Welt ablesen. Unter den über 130 Filmen der Nordischen Filmtage mischen Werke mit, die sich bereits in Cannes (THE INNOCENTS, LAMB, COMPARTMENT No. 6), in Locarno (COP SECRET) oder Toronto (THE MIDDLE MAN) in verschiedenen internationalen Wettbewerben gemessen haben. Durch die Pandemie hat sich ein Rückstau an Filmen gebildet, die im letzten Jahr nicht veröffentlich werden konnten, sodass die Auswahl für das Festival aus einem außergewöhnlich reichhaltigen Angebot getroffen werden konnte, wie Festivalleiter Thomas Hailer erzählt.

Fragt man ihn, ob sich Tendenzen in der Filmproduktion herausstellen lassen, macht er darauf aufmerksam, dass besonders auffällig eine zunehmende Vorliebe für Genre zu beobachten sei. Tatsächlich lässt sich im Programm eine ganze Reihe davon ausmachen. Horror ist mit THE INNOCENTS von Eskil Vogt aus Norwegen und LAMB von Valdimar Jóhannsson aus Island vertreten, Action mit COP SECRET von Hannes Þór Halldórsson aus Island, schwarze Komödie mit THE MIDDLE MAN von Bent Hamer aus Norwegen, Abenteuerfilm mit THE LAST ONES von Veiko Õunpuu aus Estland, Filmbiografie mit TOVE von Zaida Bergroth aus Finnland, Liebesgeschichte COMPARTMENT NO. 6 von Juho Kuosmanen aus Finnland und Historiendrama mit MARGRETE – QUEEN OF THE NORTH von Charlotte Sieling aus Dänemark.

Ein weiterer Strang betrifft Filme, die eine Art „Welthunger“ widerspiegeln, wie es Hailer weiter ausdrückte. Damit meint er, dass eine Vielzahl der Filmemacher und Filmemacherinnen sich mit Themen beschäftigen, die sie von zu Hause in die Welt geführt haben. Das ist sichtbar in Dokumentarfilmen wie SABAYA, in dem Regisseur Hogir Hirori aus Schweden nach Syrien reist, um von den Mädchen und Frauen zu erzählen, die von den IS-Männern als Sklavinnen gehalten werden, in HOW TO KILL A CLOUD von Tuija Halttunen, der eine finnische Wissenschaftlerin nach Saudi-Arabien begleitet, die dort künstlich Regen erzeugen will, im Animationsfilm FLEE von Jonas Poher Rasmussen aus Dänemark, der die Geschichte eines Flüchtlings nacherzählt oder in LIVE OF IVANNA von Renato Borrayo Serrano aus Russland, in dem die Zuschauer in die sibirische Tundra entführt werden, wo sie dem Alltag einer außergewöhnlichen alleinerziehenden Mutter und den Traditionen der indigenen Gemeinschaft der Nenzen beiwohnen. Doch auch Spielfilme führen in die Weite, wenn man beispielsweise THE GRAVEDIGGER’S WIFE von Khadar Ayderus Ahmed, der in Somalia spielt, oder, in einem ganz anderen, viel offensiveren Stil gehaltenen Drama PLEASURE von Ninja Thyberg, in dem eine junge Schwedin ihr Glück als Pornostar in den USA sucht, ansieht.

Neben einer Hommage für die Schauspielerin Trine Dryholm, die in ziemlich unterschiedliche Filmen vertreten ist, bietet das Festival gerade jüngeren Zuschauern ein umfangreicheres Programm. Mit Sicherheit ist in Lübeck einiges zu entdecken.

Teresa Vena

63. Nordische Filmtage Lübeck, vom 3. bis 7. November 2021, das gesamte Programm findet ihr hier.

Einzelne Filme empfehlen wir nachfolgend etwas ausführlicher:

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