13. Alfilm: Eintauchen in arabische Welten


ALFILM – Arabisches Filmfestival in Berlin

Vom 20. bis 26. April findet das ALFILM – Arabisches Filmfestival Berlin wieder in seiner ursprünglichen Form in gleich vier Berliner Kinos statt, nämlich im Arsenal, dem City Kino Wedding, Kino in der Kulturbrauerei und neu auch im Silent Green, wo das Festival seit diesem Jahr seinen Hauptsitz eingerichtet hat.

Das vielfältige Programm, das Spielfilme und Dokumentarfilme sowie Kurzfilme beinhaltet, bietet einen Einblick in die Filmproduktion der arabischen Welt. Diese führt von Ägypten, Algerien, Libanon, Marokko, Palästina über Syrien oder Tunesien, die bei ALFILM traditionell stark vertreten sind, bis zu Ländern wie Jordanien, dem Irak, Libyen, Katar, Somalia, Sudan oder Jemen, die bisher noch weniger in Erscheinung getreten sind.

Aufgeteilt ist die Filmauswahl in diesem Jahr in zwei Hauptsektionen. ALFILM SELECTION zeigt 18 lange Filme und ein ein Kurzfilmprogramm. Alle Filme beschäftigen sich mit den politischen und sozialen Realitäten in ihren jeweiligen Ländern. Es geht um die Stellung der Frau, Zukunftsperspektiven für die junge Generation, Diskriminierung und Identitätssuche. Eröffnen wird das Festival die Gesellschaftssatire aus Ägypten FEATHERS von Omar El Zohairy. Darin verwandelt sich ein streng autoritäre Familienvater wegen eines missglückten Zaubertricks in ein Huhn. Seine Frau ist deswegen zwangsläufig gezwungen, selbst zum Familienoberhaupt zu werden.

ALFILM SPOTLIGHT widmet sich dem libanesischen Kino. Unter dem Titel „From Civil War to Chaos, A Tribute to Filmic Resistance“ zeigt das Festival aktuelle wie ältere Filme, die sich mit der Geschichte des Landes auseinandersetzen. Volker Schlöndorff hat die Schirmschaft über den Fokus übernommen und wird in einer Sondervorstellung seinen Film DIE FÄLSCHUNG (24. April um 12 Uhr, Arsenal) präsentieren, der sich mit einem jungen Bruno Ganz in der Hauptrolle mit dem libanesischen Bürgerkrieg auseinandersetzt. ALFILM SPOTLIGHT hat mit MEMORY BOX von Joana Hadjithomas und Khalil Joreige einen eigenen Eröffnungsfilm. Ergänzt wird das Programm mit einer Kurzfilmrolle, mit zwei Podiumsdiskussionen und einer Masterclass mit der Regisseurin Eliane Raheb.

Als dritten Schwerpunkt hat das Festival dieses Jahr ALFILM ATELIER ins Leben gerufen. Ein Programm aus Workshops bietet zwölf Filmemachern, alle Vertreter der arabischen Diaspora in Berlin und Deutschland, die Gelegenheit sich kennen zu lernen und auszutauschen. Sie werden auch eigene Kurzfilme präsentieren können.

Teresa Vena

ALFILM – Arabisches Filmfestival Berlin findet vom 20. bis 26. April 2022 statt. Das gesamte Programm ist hier einzusehen.

Hier sind einzelne Empfehlungen aus dem Programm:

CASABLANCA BEATS

Darum geht es:

Anas ist ein ehemaliger Rapper. Er tritt eine Stelle als Musiklehrer in einem Jugend- und Kunstzentrum an, um den Jugendlichen etwas über seine Erfahrungen mitzugeben. Die 16-Jährigen haben ganz offensichtlich viele Frustrationen und Ängste, die sie teilen, doch wissen sie nicht, wie sie damit umgehen sollen. Anas spricht ihnen zu, alles in ihre Liedtexte zu integrieren. Doch was darf gesagt werden in einer patriarchalischen und religiös-geprägten Gesellschaft wie die marokkanische? Wo sind die Grenzen, muss man sich diese kennen und einhalten, um das was man an Freiheit hat, zu bewahren?

Weiterlesen: Unsere Kritik zu MUCH LOVED von Nabil Ayouch.

Was du zum Film wissen musst:

Seine Premiere feierte das Drama von Nabil Ayouch letztes Jahr in Cannes. Der marokkanische Regisseur interessiert sich in seinen Filmen für die gesellschaftlichen Normen in seinem Land und spricht dabei immer wieder die Stellung der Frau an. CASABLANCA BEATS ist im Vergleich zu seinen Vorgängerfilmen wie etwas MUCH LOVED (2018) weniger krude. Er beschäftigt sich mit der jungen Generation, in der die Hoffnung steckt, dass sie ihre Welt zum Besseren verändern. – TV

Sonntag, 24.4.2022 um 17.30 Uhr, Arsenal
Dienstag, 26.4.2022 um 19.00 Uhr, City Kino Wedding

COSTA BRAVA, LEBANON

Darum geht es:

Walid und Soraya leben mit ihren Töchtern und der alten Mutter von Walid außerhalb der Stadt auf ihrem Grundstück. Es ist alles ziemlich idyllisch, sie bauen ihr eigenes Essen an, haben ein kleines Schwimmbecken, leben ein einfaches Leben. Doch dann erscheinen über Nacht Männer auf dem angrenzenden Grundstück und beginnen sofort mit dem Bau einer neuen Mülldeponie. Damit will der Staat sein Müllproblem angehen, gegen den Vorwurf der Umweltverschmutzung und Verseuchung reagieren. Während der Vater und die jüngere Tochter sich gegen die Deponie wehren wollen, möchte die Mutter am liebsten ihre Auswanderungspläne vorantreiben, die Großmutter lässt sich heimlich Zigaretten zustecken und die ältere Tochter buhlt um die Aufmerksamkeit des Vorarbeiters.

Was du zum Film wissen musst:

Mounia Akl ist US-Amerikanerin libanesischer Abstammung. Sie hat bisher als Schauspielerin gearbeitet, COSTA BRAVA, LEBANON ist der erste Langfilm, bei dem sie Regie führt. Als Soraya tritt Nadine Labaki auf, die selbst Schauspielerin und Regisseurin ist und zu den stärksten Stimmen des libanesischen Kinos gehört. Sie hat kürzlich in 1982 von Oualid Mouaness mitgespielt und für alle ihre drei eigenen Filme CARAMEL, WHERE DO WE GO NOW? und CAPERNAUM große Aufmerksamkeit bekommen. Auch die anderen Darsteller, insbesondere die Mädchen und die Großmutter, sind herausragend. Trotz der ernsten Thematik und dem realen, problematischen politischen Hintergrund, findet der Film immer wieder zu ausgelassenen, anrührenden Momenten. – TV

Donnerstag, 21.4.2022 um 21.00 Uhr, City Kino Wedding
Montag, 25.4.2022 um 19.30 Uhr, Kulturbrauerei

MEMORY BOX

Darum geht es:

Die alleinerziehende Mutter Maia (Rim Turki) bereitet mit der Großmutter (Clémence Sabbagh) das Weihnachtsfest für ihre jugendliche Tochter Alex (Paloma Vauthier) vor. An Heiligabend bringt ein Postbote vollkommen unerwartet ein großes Paket aus dem Libanon. Die Großmutter versucht dies vor Maia zu verheimlichen. Doch während der Festlichkeiten sprengt die Box im Nebenzimmer geradezu den Familienkreis und offenbart ihr Geheimnis: Sie enthält Notizbücher, Fotos und Kassettenaufnahmen, die Maia als Jugendliche im Beirut der 1980er Jahre an ihre beste Freundin in Frankreich versendet hatte, die vor Beginn des Libanonkrieges dorthin emigriert war. Während Maia diese Zeit hinter sich lassen will, macht sich ihre Tochter Alex in der schneeverwehten Isolation heimlich auf die Suche nach der Vergangenheit und den verdrängten Erinnerungen ihrer Mutter.

Weiterlesen: Unsere ausführliche Kritik zu MEMORY BOX.

Was du zum Film wissen musst:

Die Erinnerungsbox übernimmt in dem Spielfilm MEMORY BOX des Künstlerpaares Joana Hadjithomas & Khalil Joreige sowohl eine konkrete, als auch eine symbolische Funktion. Die darin enthaltenen Artefakte bestehen zum einen aus Bild- und Tondokumenten, welche Joana Hadjithomas tatsächlich während des Libanonkrieges an eine Jugendfreundin in Frankreich gesendet hatte. Zum anderen wurden diese um fiktive Aufnahmen ergänzt, die sich in die Filmhandlung eingliedern. Positiv zeigt sich, dass die Geschichte des Libanonkrieges aus dem Blickwinkel der Mutter und in der Fantasie der Tochter nicht als tristes Kriegsdrama dargestellt wird. Vor allem ist es eine Liebesgeschichte innerhalb der Krise. Mit MEMORY BOX eröffnet das Festival seine ALFILM SPOTLIGHT-Sektion, die dieses Jahr dem libanesischen Kino gewidmet ist. – HK

Donnerstag, 21.4.2022 um 19.00 Uhr, Arsenal
Freitag, 22.4.2022 um 19.30 Uhr, Kulturbrauerei

STREAMS

Darum geht es:

Amel möchte alles tun, damit ihr Sohn Moumen seine Chance nutzen kann, als Torhüter Karriere zu machen. Es sieht eigentlich ganz gut aus. Ein Bekannter möchte ein gutes Wort für sie einlegen. Doch nicht ganz umsonst. Und dabei werden die beiden von der Sittenpolizei erwischt. Die Anklage: „Ehebruch“. Während sich der Mann damit ausreden kann, dass Amel ihn verführt habe, muss Amel eine Gefängnisstrafe verbüssen. Als sie aus dem Gefängnis kommt, versucht sie, ihren Sohn zu finden. Doch der ist in der Zwischenzeit vom rechten Weg abgekommen und arbeitet als Lakai für das organisierte Verbrechen.

Was du zum Film wissen musst:

STREAMS ist der zweite Langspielfilm des tunesischen Regisseurs Mehdi Hmili. Er ist einer der Vertreter des aktuellen tunesischen neuen Kinos, das sich in den letzten Jahren durch eine künstlerisch anspruchsvolle und thematisch vielseitige Herangehensweise einen Namen gemacht hat. STREAMS ist ein düsteres Melodrama, das sein sehr wenig konziliantes Bild der tunesischen Gesellschaft zeichnet. Gewalt, auf physischer als auch emotionaler Ebene, ersetzt eine Kommunikation auf Augenhöhe. – TV

Freitag, 23.4.2022 um 19.00 Uhr, City Kino Wedding
Samstag, 24.4.2022 um 19.30 Uhr, Kulturbrauerei

THE-ALLEYS-03-©The-Imaginarium-Films
Still aus THE ALLEYS von Bassel Ghandour © The Imaginarium Films

THE ALLEYS

Darum geht es:

Ali und Lana sind verliebt. Doch das darf nicht sein, weil die Eltern über eine solche Verbindung entscheiden oder zumindest damit einverstanden sein müssen. Dann wird Lanas Mutter auch noch mit einem Video erpresst, dass die beiden zusammen sieht. Sie holt sich Hilfe bei Abbas, dem Chef und Mafioso der gesamten Nachbarschaft. Ali bleibt nichts weiter, als zu fliehen – aber er will, dass Lana mitkommt. Dafür braucht er aber Geld. Dass er es bereuen würde, sich ausgerechnet bei Abbas zu bedienen, scheint zweifelsohne. Es folgt eine unglückliche Folge von Ereignissen, die immer düsterer und komplizierter wird.

Was du zum Film wissen musst:

THE ALLEY ist das Regiedebüt von Bassel Ghandour, das seine Premiere in Locarno feierte. Der Thriller ist sehr dicht erzählt und bietet ein eindrückliches Schauspielerensemble auf. In Kapiteln erzählt entwickelt die Geschichte eine mitreißende Spannung. Die Geschichte geprägt von Gewalt, das Recht des Stärkeren, Misstrauen und einem übersteigerten Ehrgefühl. Was zu Beginn ein wenig übertrieben wirkt, fügt sich im Laufe des Films doch fast natürlich. – TV

Donnerstag, 21.4.2022 um 19.30 Uhr, Kulturbrauerei
Montag, 25.4.2022 um 21.00 Uhr,City Kino Wedding

AL-SIT

Darum geht es:

Nafisa spielt gerne mit ihrem gleichaltrigen Nachbarn, ist ganz Kind. Doch ihre Eltern haben andere Pläne. Das Mädchen ist im heiratsfähigen Alter. Ihr Ehemann soll ein Sudanese werden, der im Ausland ein erfolgreiches Textilunternehmen besitzt. Die Erlaubnis für die Vermählung muss die Großmutter geben – doch diese hat Einwände.

Was du zum Film wissen musst:

Diesen 20-minütigen Kurzfilm der Regisseurin Suzannah Mirghani zeigt das Festival in seinem ALFILM SELECTION-Programm „Family Ties“, in dem das übergreifende Thema Familienbande ist. AL-SIT hat einen märchenhaften Einschlag und Protagonisten, die einem im Gedächtnis bleiben. – TV

Montag, 25.4.2022 um 20.00 Uhr, Kulturbrauerei
Dienstag, 26.4.2022 um 21.00 Uhr, Arsenal