„Flocken“ von Beata Gådeler


In "Flocken"bleibt Fatime Azemi nur der Griff zur Waffe. © Dan Jåma

In „Flocken“bleibt Fatime Azemi nur der Griff zur Waffe. © Dan Jåma

Vom Außenseiter zum Sündenbock

Wer in einem Dorf aufgewachsen ist, hat vielleicht schon selbst erfahren oder wahrscheinlich bei anderen beobachtet, was es bedeutet aus einer Dorfgemeinschaft ausgeschlossen zu werden. Meistens trifft es die Menschen, die finanziell schlechter gestellt oder zugezogen sind – wobei hierbei auch keine Rolle spielt wie lange das her ist – oder alle anderen die irgendwie aus dem Raster fallen. Was passiert, wenn ein Mädchen aus einer solchen Familie einen Jungen aus einer gut gestellten Familie „verunglimpft“ zeigt „Flocken„.

Tiefe klare Seen weite Wälder, massive Bergketten. Das kleine Dorf im Norden Schwedens wirkt idyllisch. Nur mit der 15-jährigen Jennifer scheint etwas nicht in Ordnung zu sein. Auf einer Hochzeit betrinkt sie sich bis zur Besinnungslosigkeit. Am nächsten Morgen kommt die Polizei in die Schule.

Jennifer hat ihren Klassenkameraden Alexander angezeigt. Sie behauptet er habe sie vergewaltigt. Noch bevor die Befragung stattfindet, beschimpfen die Mitschüler Jennifer als „Hure“. Alle gehen davon aus, dass sie lügt.
Jennifer und ihre Familie sind ohnehin nicht sehr beliebt. Nur weil Jennifers Vater einem anderen das Leben gerettet hat, nehmen sie überhaupt am Dorfleben teil. Nun stellt sich die Frage, wie viel Gewicht die Wertschätzung dieser Tat wirklich hat.

Jennifer bekommt anonyme Hass-SMS, im Internet gibt es einen „Pro Alexander“-Blog, selbst der Dorfpfarrer rät Jennifer endlich „die Wahrheit“ zu sagen – nur Alexander schweigt. Dafür hetzt seine Mutter, die keine Sekunde an der Unschuld ihres Sohnes zweifelt, umso heftiger. Sie hat einen guten Stand in der Gemeinde, die geschlossen hinter ihr steht. Jennifers engste Freundinnen wenden sich gegen sie und selbst ihr Vater kommt in Bedrängnis. Er muss abwägen, was ihm wichtiger ist: Seine Familie oder seine Position in der Dorfgemeinde.

Nach und nach gerät Jennifer samt Familie an den Rand der kleinen Gesellschaft. Ihre Schwester darf nicht mehr in der Fußballmannschaft mitspielen, ihre Mutter wird im Supermarkt nicht mehr bedient. Wo endet diese Mobbingspirale? Flocken beleuchtet, was mit Täter und Opfer geschieht, wenn sich eine derart einseitige Eigendynamik entwickelt.

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