DEERSKIN (OT: LE DAIM) von Quentin Dupieux


Die Dynamik zwischen Jacke und Träger erinnert an die zwischen Dämon und Besessenem, Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Trotz der gegen Ende sich wiederholenden Gewaltexzesse des Protagonisten, nimmt deren Darstellung keine Hauptrolle im Film ein. Im Gegenteil setzt Dupieux vielmehr auf eine ruhige Inszenierung, bisher die ruhigste in seinen Filmen, mit reduzierten Mitteln und lässt den Szenen sowie Dujardin viel Raum. Die Bildfindung zeichnet sich wie gewohnt durch eine besondere Sorgfalt aus und widerspiegelt Dupieux’ Geschmack für Retro. Abgesehen von der Wildlederjacke selbst, die mit ihren Fransen und kombiniert mit einer passenden Hose und einem Hut, keinen modisch-empfindenden Menschen mehr hinter dem Ofen hervorlockt, spielt die Videokamera eine wichtige Rolle in der Dramaturgie und ästhetischen Prägung des Films.

Georges nimmt seine Begegnungen mit anderen Jackenträgern auf Video auf und vielfach sieht der Zuschauer das Geschehen nur durch die Aufnahmen auf Video. Damit entrücken sie in eine sichere Distanz, erinnern an den Einsatz von Video bei Found-Footage-Horrorfilmen und spielen mit der visuellen Räumlichkeit. Video spielte bereits in REALITÉ von 2014 eine wichtige Rolle, da dort eine VHS-Kassette, die im Bauch eines Wildschweins gefunden wird, durch den Film geistert. Technik an sich ist für Dupieux ein wiederkehrendes Thema. Er verwendet veraltete Diktier- und Aufnahmegeräte, Telefone oder Schreibmaschinen. Genauso wie der Dekor in Form von Möbeln, Tapeten und Kleidung ist die gesamte Ausstattung an die Trends der 1960er- oder 1970er-Jahre angelehnt.

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Die schauspielerische Leistung von Jean Dujardin fällt präzise und differenziert aus. Er beweist, dass er auch die leisen Töne meistern kann und trägt den Film, da er fast in jeder einzelnen Szene präsent ist. Insgesamt ist dieser Quentin Dupieux-Film ein weniger exaltierter als seine Vorgänger, was vielleicht für seine Fans etwas gewöhnungsbedürftig sein wird, der durch seine sarkastisch-zynische Art, die oft einfach nur Unverblümtheit darstellt, amüsiert und zu philosophischen Betrachtungen über das geheime Leben der eigenen Kleidung verleitet.

Teresa Vena

DEERSKIN (OT: „Le daim„), Regie: Quentin Dupieux, Darsteller: Jean Dujardin, Adèle Haenel, Albert Delpy; Kinostart: 30. April 2020

Verlosung

Berliner Filmfestivals verlost gemeinsam mit dem Freiluftkino Insel 1×2 Gästelistenplätze zum Screening DEERSKIN von Quentin Dupieux am Sonntag, den 6. September, um 20 Uhr im Freiluftkino Insel im Cassiopeia.

Teilnehmen können alle, die uns bis zum Samstag, den 5. September, um 23:59 eine Email mit dem Betreff DEERSKIN an info[at]berliner-filmfestivals.de schicken – und uns schreiben, welches Highlight sie in den letzten Jahren im Open Air Kino gesehen haben (oder alternativ: welche sie gern sehen würden).

Die Gewinner*innen werden am Sonntag per Mail informiert.

Viel Glück!

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