„Götter“ („Bogowie“) von Lukasz Pawlowski



Weniger abwechslungsreich ist dafür die Darstellung des Dr. Religa. Schauspieler Tomasz Kot scheint sich auf seinem bloßen Erscheinungsbild auszuruhen: Zwei Meter groß, mit breiten Schultern und geduckter Haltung ist er auch ohne viele Worte sehr präsent. Deshalb raucht er lieber – und das ständig. Selbst wenn der echte Dr. Religa ein Kettenraucher war: Eindringliche und nachdenkliche Momente stets durch Nahaufnahmen des an der Zigarette ziehenden Kardiochirurgen verdeutlichen zu wollen, wirkt spätestens zur Hälfte des Films einfallslos.

Die Handlung wird zu temporeich erzählt. Dadurch verpasst Palkowski die Chance, der revolutionären Leistung Religas und der intimen Problematik der Organspende gerecht zu werden. Eine eigene Klinik binnen kürzester Zeit im ländlichen Zabrze aufbauen? Scheint gar nicht so schwierig. Drei Millionen Dollar für die Ausstattung aquirieren? Die Partei und Kriminelle helfen. Selbstzweifel? Kann man mit Schnaps ertränken. Die Dialoge, die mit viel Humor und Ironie gespickt sind und teils absurd wirken, lassen den Zuschauer diese Vereinfachungen fast verzeihen. Trotzdem: Ob religiöse Tabus, Gängeleien der sozialistischen Führung oder persönlicher moralischer Konflikt, Palkowski reißt in „Bogowie“ viele Themen an – und wäre besser beraten gewesen, sich für eins zu entscheiden.

Nina Monecke

Götter“ („Bogowie„), Regie: Lukasz Pawlowski, DarstellerInnen: Cezary Kosiński, Jan Englert, Marian Opania, Zbigniew Zamachowski, Piotr Głowacki, Wojciech Solarz, Sonia Bohosiewicz, Magdalena Czerwińska, Tomasz Kot, Kinga Preis, Szymon Piotr Warszawski, Rafał Zawierucha

Termin bei filmPolska:
29.04.2015 | 20.00h | Babylon

Die Filmkritik von Nina Monecke entstand im 2. deutsch-polnischen Programm „Über Filme schreiben ist über die Welt schreiben“ für junge Journalisten und Filmkritiker.

Weitere Beiträge:
– Die Kritik „Nicht anfassen, sonst geht die Welt unter“ von Nadine Schrader zu „Kleine Dellen“ von Aleksandra Gowin und Ireneusz Grzyb
– Die Review „Wie ein Wunder“ von Natalie Junghof zu „In meinem Kopf ein Universum“ von Maciej Pieprzyca
– Die Kritik „Wir sind da – polnische Juden in Polen“ von Itamar Gov zu „We Are Here“ von Francine Zuckerman
– Die Review „Ohne Kompromisse“ von Mathias Puddig zu „Hardkor Disko“ von Krzysztof Skonieczny
– Die Filmkritik „Le Corbusier lässt grüßen zu „Superjednostka“ von Tereza Czepiec
– Die Doppelkritik „Realität und Fiktion“ von Lena Hauschild zu „Warschau 44“ & „Warschauer Aufstand“ von Regisseru Jan Komasa, der das Thema in einem Spiel- und einem Dokumentarfilm verarbeitete

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