Delicatessen – Das Berliner Tischgespräch zur Wahl 2011


Das Medienboard soll nach künstlerischen Gesichtspunkten entscheiden

Die erfahrene Alice Ströver (Grüne) erkundigt sich beim jungen Filmemacher David Wnendt.

Ströver (zu Wnendt): Wie läuft denn Ihre Zusammenarbeit als Filmemacher mit dem Medienboard?

Wnendt: Von meiner Seite sind die Wege klar geregelt. Da geht es um klassische Filmförderung und das Medienboard hat meinen Film „Kriegerin“ auch gefördert. Im Rahmen einer Kooperation mit meiner Schule geben die jedes Jahr 400.000 Euro für ein oder zwei Filme. So die Idee auf dem Papier. Das Medienboard kann aber auch sagen, in diesem Jahr geben wir nur 100.000 oder aber auch mehr als die 400.000. Ich bin sehr dankbar, die Förderung bekommen zu haben, weil die doch sehr frei entscheiden, wie sie das machen. Etwas undurchsichtig ist der Beratungsprozess und die Macht des Beraters, da am Ende auch über dessen Kopf hinweg entschieden werden kann, mal 50.000 weniger zu geben.

Zimmermann: Wir haben die bewusste Entscheidung getroffen, dass das Medienboard über Filmförderungen entscheiden soll. Die sollen nach kulturellen und künstlerischen Gesichtspunkten entscheiden, aber nicht nach politischen. Diese Konstellation ist grundsätzlich richtig. Das sollen keine Beamte oder der Senat entscheiden.

Stolzenberg: Ich teile die von David Wnendt geäußerte Kritik. Gerade im Fall von Down Under Berlin hätten wir uns ein Mehr an Dialog gewünscht. Oder Vorschläge, was zu tun ist, um überhaupt als förderungswürdig in Betracht gezogen zu werden bzw. um die Chancen auf einen erfolgreichen Förderantrag zu verbessern. An dieser Stelle darf die Kommunikation nicht abbrechen. Dadurch vergeudet man kreatives Potential und riskiert, dass Festivals in andere Städte abwandern, in denen sie bessere Strukturen vorfinden. Berlin sollte sich nicht auf seinem Ruf als Kreativ-Hauptstadt ausruhen!

Ströver: Ich sehe ein anderes Problem. Als das Medienboard mit der Förderung begann, wurden andere Prioritäten gesetzt. Da ging es um Drehbuch, Fertigstellung und Produktion von Film. Später erst erfolgte die Stärkung einzelner Kinos, also der Abspielstätten. Für Sonderreihen oder Festivals gab es – außerhalb der Berlinale – kein politisches Bewusstsein. Da müssen wir ansetzen. Es gilt neben der Berlinale, die auf der Welt etwas Singuläres für Deutschland ist und deshalb folgerichtig in die Zuständigkeit des Bundes wechselte, zu schauen, wie Filmfestivals mit speziellen Themen zu unterstützen sind. Dafür braucht es auch Spielstätten. Die wenigen Programmkinos, die ein Sonderprogramm machen wollten, geraten immer mehr in Probleme durch die ausschließliche Förderung des Babylons. 351.000 Euro gehen jedes Jahr ans Babylon. Zusätzlich bekommen sie weitere 150.000 Euro vom Hauptstadtkulturfonds, um Charlie Chaplin auf DVD abzuspielen. Da liegt der Fehler im System. Alle anderen Kinos gehen kaputt. Fördern wir Festivals, ohne die dazu gehörigen Kinos zu fördern, können wir die Festivals nirgendwo zeigen.

Der Blattsalat im Mesa.

Zimmermann: Wir wollen durch die Bereitstellung von Mitteln den Programmkinos das Überleben ermöglichen. Alle diese Kinos sollen davon profitieren. Über die Schieflage mit mehr als 500.000 Euro in einem Jahr fürs Babylon müssen wir aber nachdenken.

Stolzenberg: Gewisse Leuchttürme werden sehr gefördert, andere dafür umso weniger. Es wäre wünschenswert, wenn man in der Mittelvergabe graduierender vorgehen könnte, um so die einzelnen Kinos und Filmfestivals differenzierter fördern zu können.

Zimmermann: Sind Filmfestivals in den Förderkriterien des Medienboards festgehalten? Es wäre ein Ansatz Filmfestivals unterhalb der Berlinale als förderfähig in den Kanon des Medienboards aufzunehmen.

Ströver: Einige gibt es. Interfilm bekommt 10.000 Euro oder achtung berlin.

Zimmermann: Darum kümmere ich mich konkret. Ich werde mich beim Medienboard und auch bei Klaus Wowereit dafür stark zu machen, die Festivals in den Kanon aufzunehmen…

Weiter zum zweiten Teil der Delicatessen-Runde.

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