Filmkritiken: Around The World in 14 Films 2012


Filmszene: "The Fifth Season"

Filmszene: "The Fifth Season"

Die mittlerweile siebente Ausgabe des Filmfestivals Around The World in 14 Films versammelt wieder Filmperlen, wenn dieser Euphemismus erlaubt sein darf, die mit Bestimmtheit einen schweren Weg hinter sich haben, so denn sie hiesige Leinwände überhaupt erreichen. Verleiher wollen von Inhalten überzeugt werden, die sich verkaufen lassen. Die knappen Räume in den wöchentlichen Startplazierungen von Kinofilmen lassen wenig Platz für Spekulationen. Wer möchte da noch über Qualität im Sinne des Inkomparablen, der Kreativität, der Unabhängigkeit von Ideen und den Bruch mit dem Erwartbaren sprechen? Bernhard Karl tut das, der dieses Filmfest leitet. Seine Auswahl, das gibt er freimütig am Eröffnungsabend des Festivals preis, ist subjektiv. Er will weder mit dem Finger auf jemanden zeigen, noch will er bevormunden. Sein Dienst entdeckt sich ganz im Bereich der Verführung und der Freude daran, sein Gegenüber – uns Zuschauer – zu überzeugen. Vielleicht sogar den ein oder anderen Verleiher, der im großen Saal des Babylon Mitte seinen Augen vor Bewunderung nicht trauen mag. Bewundern, will man etwa Ben Zeitlin, für sein Erstlingswerk „Beasts of the Southern Wild„, der das Festival eröffnete. Angereist ist der Regisseur am vergangenen Samstag leider nicht, dafür stand der Produzent des Films, Phillip Engelhorn, dem Publikum Rede und Antwort. (Hier das englische Interview unserer Kollegen von www.filmfestivallife.com) Engelhorn selbst scheint ein wenig erstaunt über den Film und über dessen Erfolg, ist Zeitlins Arbeit doch mehr ein filmisches Nachdenken über die Existenz und den Willen zum Leben als ein Film, bei dem Inhalt und Form berechenbaren Strukturen folgen. Dementsprechend glücklich wirkt Engelhorn, als er vom Erfolg des Films in den USA spricht. Wenig Erfolg im Kinosaal war dagegen William Friedkins „Killer Joe“ beschienen. Friedkins kolossaler Blick auf die Verfasstheit der Südstaaten der USA kommt einem Faustschlag gleich, der Verleihern hierzulande wohl nicht aussichtsreich genug erschien. Man sitzt erstaunt und wie erstarrt im Kinosessel.

Martin Daßinnies

Filmkritiken:

¡No!“ von Pablo Larraín – Die (oppositionelle) Videoclip-Effekthascherei tritt gegen die patriarchalische Wohlstandspropaganda (Pinochets) an.

Hail“ von Amiel Courtin-Wilson – Dialog-Spuren, die im Interview mit dem Schauspieler Jones entstanden, werden über abgedrehte Szenen gelegt

Die Lebenden“ von Barbara AlbertAuf der Suche nach Spuren des Großvaters.

Neighbouring Sounds“ von Kleber Mendonça FilhoIm Auge des gesellschaftlichen Wirbelsturms.

Blood of my Blood“ von João Canijo – Nur wenige hoffen im sozialen Brennpunkt noch auf den gesellschaftlichen Aufstieg.

A Simple Life“ von Ann Hui – Die menschliche Natur präsentiert sich völlig transparent und bleibt dennoch undurchsichtig.

The Fifth Season“ von Jessica Woodworth und Peter Brosens – Bedrohlich kündigt sich der Niedergang einer Gesellschaft an.

The End of Time“ von Peter Mettler Man selbst wird zur Geisel der in ihre kleinsten messbaren Einheiten entschwindenden Zeit.

Beasts of the Southern Wild“ von Benh Zeitlin – Zeitlin siedelt seine biblisch-apokalyptische Geschichte im Mississippi-Delta Louisianas an.

Killer Joe“ von William Friedkin – Friedkin, der in den 70er Jahren mit Filmen wie “French Connection” und “Der Exorzist” Erfolge feierte, behandelt seine Figuren mit so viel Empathie wie ein Forscher die Ratten in seinem  Labor.