Interview mit Berlinale-Panorama Leiter Wieland Speck

Eine Intuition, was du dem Publikum zumuten kannst


Noam Chomsky (links) und Michel Gondry in "Is the Man Who is Tall Happy?" (c) Partizan Films.

Noam Chomsky (links) und Michel Gondry in „Is the Man Who is Tall Happy?“ (c) Partizan Films.

Schlaucht diese Arbeit nicht irgendwann?
Jedes Jahr aufs Neue will ein Programm für den Teddy und das Panorama erzeugt werden. Da kann es passieren, dass man irgendwann die Intuition verliert. Das sieht man an Programmen, die uns früher wichtig waren und die jetzt nicht mehr so wichtig sind. Da gibt es ein rauf und runter, genau wie es in Filmländern ein rauf und runter in Sachen Kreativität gibt. Das lässt sich nicht Planen oder Organisieren.

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Auf den Festivals feiern die Filme Premiere, begegnen dort ihrem Publikum…
Wir sind die ersten in der Futterkette, was die Verwertung von Filmen angeht. Bis Filme ins Kino kommen, kann das durchaus noch eineinhalb Jahre dauern. Das Panorama hat ein gutes Standing beim Film Markt, da ich darauf achte, dass unsere Filme in Europa, wenigstens beim Stadtpublikum, einen Markt finden. Oft beginnt nach Festivalende gerade für die Regisseure noch ein langer Kampf, da noch viel passieren kann, bis ein Film ins Kino kommt – oder auch nicht. Schon viele Filme, die es verdient gehabt und sicher auch, so prognostiziere ich, ein Publikum gefunden hätten, scheitern an rechtlichen Schwierigkeiten. Im besten Fall laufen Sie hier und wandern dann zu weiteren größeren Festivals, erschließen sich so Märkte und werden zu Welterfolgen im Arthouse.

Im aktuellen Programm finden sich wieder große Namen. Ihr habt Gondry mit seinem Film über Noam Chomsky im Programm…
Gondry arbeitet essayistisch in dem Film und läuft bei uns mit diesem Werk in Panorama Dokumente. Er arbeitet mit Animationen, so dass sich die Betrachtungshöhenflüge von Chomsky plötzlich in gezeichneten Figuren finden. Das ist vergnüglich. Beim Denken geht es auch um Freude, um das Dasein und das Denkendürfen. Wir definieren Unterhaltung so, dass wir Denken dürfen, während viele das Denken ausschalten bevorzugen – wenigstens im Mainstreamkino.

Ihnen gelingen immer wieder Coups, wie die Premiere des Madonna-Films „Filth And Wisdom„…
Das war das einzige Mal, dass wir die gesamte Budapester Straße bis zum Zoo absperren mussten. Ich habe heute noch den Schrillen Ton der Leute am Roten Teppich im Ohr. So etwas hat man selten und ist auch eine andere Annäherung an das Thema, wenn ein solcher Musikstar mit einer anderen Energie auftaucht.

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Im letzten Jahr profitierte „The Broken Circle„, der den Panorama-Publikumspreis gewann, von der Berlinale und feierte an der Kinokasse Erfolge…
Große Filme lassen sich nicht durch eine Gebrauchsanweisung zaubern. Dazu braucht es viele Elemente. Beim Zeitpunkt angefangen, da darf ein Film nicht gleichzeitig mit direkten Konkurrenzfilmen rauskommen, die sich gegenseitig kannibalisieren. Wir können den Filmen nur den ersten Kick mitgeben.

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