Unknown Pleasures 2016 erstmals im Arsenal Institut für Film und Videokunst e.V. Kino in Berlin
UP #8: Intime Wahrheiten zwischen Fiktion und Dokument
Stinking Heaven
Darum geht es:
Eine Gruppe ehemaliger Alkohol- und Drogensüchtiger lebt als Kommune in einem Vorort zusammen. Sie verzichten auf Fernsehen und Mobiltelefone, schlafen im gleichen Zimmer, duschen gemeinsam draußen unter dem Regen und brauen in der Badewanne einen Bio-Tee, den sie auf dem Wochenmarkt verkaufen. Das Ehepaar, dem das Haus gehört, fungiert als eine Art Eltern- und Erzieherpaar. Mit den aufgestellten Regeln, wobei die wichtigste, die ist, dass sich weder Alkohol noch Drogen im Haus befinden dürfen, versuchen sie, Struktur in den Alltag zu bringen. Gleichzeitig sollen Rollenspiele, die schlimme Entgleisungen der Einzelnen in ihrem Rauschzustand nachbilden, als Konfrontationstherapie genutzt werden. Vielmehr führen sie aber zu einer systematischen Erniedrigung der Betroffenen – erst recht, wenn sie, regelmäßig in der Gruppe vom Band gespielt werden.
Was du zum Film wissen musst:
Der Regisseur Nathan Silver setzt auf die Ästhetik eines Amateurvideos mit Handkameratechnik und körnigem Bild. Silver hat den Film mit einer Betacam-Kamera gedreht, die stilistisch an die 1990er Jahre knüpft, in denen auch vermutlich die erzählte Geschichte angesiedelt ist. Auf diese Weise wirkt der Film wie eine Dokumentation, was durch das überzeugende Spiel der Protagonisten unterstützt wird. Zudem sind die Dialoge einfach gehalten und erwecken vielfach den Anschein, improvisiert zu sein. Auf jeden Fall fängt „Stinking Heaven“ auf unspektakuläre und authentische Art diesen spezifischen Mikrokosmos ein. Auffällig ist der Verzicht auf jegliche Wertung und Moralisierung seitens des Autors. Der Zuschauer selbst steht vor der Aufgabe, seine eigenen Schlüsse ziehen zu müssen.
Termine bei Unknown Pleasures:
Samstag, den 4. Juni um 22 Uhr, Il Kino
Samstag, den 18. Juni um 19:30 Uhr, Arsenal 1
Teresa Vena