72. Berlinale: Programmtipps der Redaktion


© Internationale Filmfestspiele Berlin Claudia Schramke, Berlin Berlinale Key Design 2022

Wenn es so etwas wie eine Handschrift von Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek gibt, dann kann man sie noch vor allen inhaltlichen Schwerpunkten vielleicht Stoizismus nennen. Im inzwischen dritten angebrochenen Pandemie-Jahr – das auch ihre dritte Ausgabe ist – hält das Berlinale-Führungsduo weiterhin an einer Präsenzausgabe des Festivals fest, die nun vom 10. bis 20. Februar stattfinden wird. 2020 kurz vor dem Lockdown erfolgreich abgewickelt und 2021 als zweigeteiltes Festival aus Online-Ausgabe für die Branche und Sommer-Ausgabe für das Berliner Publikum inzidenzschonend veranstaltet, geht 2022 nun mitten zwischen explodierenden Fallzahlen über die Bühne, nur Berlinale Talents, der EFM und der Co-Production Market finden online statt. Und das, während andere Festivals wie das Sundance Film Festival oder Rotterdam hybrid oder online fahren (oder zumindest für die Presse ein Online-Angebot zur Verfügung stellen). Die Entscheidung wurde in der Presse ganz unterschiedlich als mutiges Zeichen für das Kino und Kultur (Die Welt, Rodek), verantwortungsloser, patriarchaler Egotrip (rbb24, Anna Wollner) oder Extrawurst-Festival (B.Z., Stefan Peter) bewertet. Selbst der Verband der Deutschen Filmkritik fühlte sich nach internen Anfragen berufen, mit einem Fragenkatalog die Berlinale 2022 einzuordnen, kommt aber zu dem Schluss: „Wir empfehlen unseren Mitgliedern (…) der Berlinale die Chance für ein schönes Kinoerlebnis einzuräumen“. Rein cineastisch könnte das durchaus auch für das normale Publikum gelten, das sich durch einen Katalog aus 256 Kurz- und Langfilmen wühlen und dann auf eines der wenigen verfügbaren Tickets (die Kinos werden nur zu 50% ausgelastet sein) hoffen darf.  Ein pralles Programm, obgleich es wiederum 100 Filme weniger als im Vorjahr gibt. Die BFF-Autor*innen Stefanie Borowsky (StB), Teresa Vena (TV), Theresa Rodewald (TR), Henning Koch (HK) und Marie Ketzscher (MK) bieten mit ihren 23 Film- bzw Reihentipps ein bisschen Orientierung im Berlinale-Dschungel – und wünscht ein glückliches Händchen beim Wett-Klicken um die begehrten Tickets!

Wettbewerb

ALCARRÀS

ALCARRÀS von Carla Simón © LluisTudela

Darum geht es:
Die Familie Solé verbringt den Sommer wie immer auf ihrer Pfirsichplantage in Alcarràs, einem kleinen Dorf in Katalonien. Doch dieses Jahr ist alles anders: Der Familie droht die Zwangsräumung. Die alten Pfirsichbäume auf der Plantage sollen bald durch Solarpaneele ausgetauscht werden. Die Sorgen um die Zukunft führen zu Streitigkeiten innerhalb der Familie. Generationenkonflikte um Traditionen und Modernisierung zwischen Großvater, Vater und den jüngeren Familienmitgliedern brechen auf.

Was du zum Film wissen musst:
Regisseurin und Drehbuchautorin Carla Simón, 1986 in Barcelona geboren, wuchs in einem katalanischen Dorf auf, was sich im Film spiegelt. Nach dem Studium der Audiovisuellen Kommunikation in Barcelona und Kalifornien studierte sie an der London Film School und nahm 2015 an Berlinale Talents teil. Für ihr Langfilmdebüt SUMMER 1993, das ebenfalls auf dem katalonischen Land spielt, gewann sie bei der Berlinale 2017 den Großen Preis der Internationalen Jury von Generation Kplus und viele weitere internationale Preise. – StB

Termine bei der 72. Berlinale
Dienstag, 15. Februar, 15:30 Uhr, Berlinale Palast
Mittwoch, 16. Februar, 12:00 Uhr, Cubix 9
Donnerstag, 17. Februar, 14:30 Uhr, Urania
Samstag, 19. Februar, 20.30 Uhr, Berlinale Palast
Sonntag, 20. Februar, 11:00 Uhr, Cubix 6
Sonntag, 20. Februar, 11:00 Uhr Cubix 5

LA LIGNE

LA LIGNE © 2022 BANDITA FILMS : LES FILMS DE PIERRE : LES FILMS DU FLEUVE : ARTE FRANCE CINEMA : RTS : RTBF (Télévision belge) : VOO et BE TV

Darum geht es:
Häusliche Gewalt, die von Frauen ausgeht – kein einfaches Thema, das sich LA LIGNE gewählt hat. Im Mittelpunkt des Films steht die gewalttätige 35-jährige Margaret , die nach einem von ihr verursachten Beziehungsende wieder zu ihrer Mutter zieht, zu der sie ein schwieriges Verhältnis hat: Die Mutter macht sie als älteste Tochter für das Scheitern ihrer Karriere als Konzertpianistin verantwortlich. Ein Streit der beiden eskaliert und die familiären Bindungen werden auf die Probe gestellt.

Was du zum Film wissen musst:
Ursula Meier kehrt nach HOME und L’ENFANT D’EN HAUT (SISTER) zurück in den Berlinale-Wettbewerb und stellt eine von zwei gleich Produktionen aus der Schweiz dar, die um den Goldenen Bären konkurrieren. Nach Isabelle Huppert, der an der diesjährigen Berlinale übrigens ein Ehrenbär übergeben und eine Hommage gewidmet wird, und Léa Seydoux ist es nun Valeria Bruni-Tedeschi, die eine der Hauptrollen im Film übernimmt. – TV

Termine bei der 72. Berlinale
Freitag, 11. Februar, 19:00 Uhr, Berlinale Palast
Samstag, 12. Februar, 15:00 Uhr, Friedrichstadt-Palast
Sonntag, 13. Februar, 12:00 Uhr, Cubix 9
Sonntag, 19. Februar, 18:00 Uhr, Friedrichstadt-Palast
Sonntag, 20. Februar 18:00 Uhr, Berlinale Palast

RIMINI

RIMINI © Ulrich Seidl Filmproduktion

Darum geht es:
Richie Bravo (Michael Thomas) ist ein alternder Schlagerstar, der vorzugsweise in Italien lebt. Nur der Tod der Mutter lässt ihn heimkehren in das niederösterreichische Zimmer seiner Jugend, wo Charlton Hestons Bizeps glänzt und Winnetou noch lebt. Die Heimkehr konfrontiert ihn mit sich selbst und seiner Selbstinszenierung.

Zuletzt war Seidl dokumentarisch unterwegs – hier lassen sich unsere Langkritiken zu SAFARI und IM KELLER nachlesen.

Was du zum Film wissen musst:
Nach seinen dokumentarischen Exkursen IM KELLER und SAFARI kehrt Ulrich Seidl nun mit seinem ersten Spielfilm seit 2014 ins Festival zurück. Dabei bleibt er mit RIMINI einem seiner großen Themen verbunden: Der Unmöglichkeit, sein inneres Selbst mit den gesellschaftlichen Rollen in Einklang zu bringen – oder trotz dieser Unmöglichkeit ein bisschen Glück zu finden. – MK

Termine bei der 72. Berlinale
Freitag, 11. Februar, 22:00 Uhr, Berlinale Palast
Samstag, 12. Februar, 11:30 Uhr, CinemaxX 9
Samstag, 12. Februar, 18:00 Uhr, Friedrichstadt-Palast
Sonntag, 13. Februar, 15:00 Uhr, Cubix 9
Freitag, 18. Februar, 18:00 Uhr, Berlinale Palast

ROBE OF GEMS

ROBE OF GEMS © Visit Films

Darum geht es:
Isabel (Nailea Norvind) steckt gerade mitten in einem Scheidungsprozess. Sie beschließt, mit ihrer Familie in die Villa ihrer Mutter zu ziehen. Doch auf dem Land angekommen ist dort nichts mehr so, wie es früher war. Das einst stattliche Landhaus ist nun vernachlässigt und leer. Isabel nimmt deshalb Kontakt zur Haushälterin Maria (Antonia Olivares) auf. Die allerdings hat ganz andere Probleme, denn ihre Schwester ist spurlos verschwunden. Die Polizeichefin Roberta ermittelt bisher erfolglos. Trotz Marias Warnungen, dass auf dem Land andere Gesetze herrschen, macht sich Isabel schließlich auf die Suche nach der verschwundenen Schwester.

Was du zum Film wissen musst:
ROBE OF GEMS ist der erste Langfilm der mexikanisch-bolivianischen Filmemacherin Natalia López Gallardo, die auch das Drehbuch schrieb und die Bildmontage übernahm. Bisher war sie als Cutterin zum Beispiel für Lisandro Alonso’s JAUJA (2014 DK/AR/F/MX/NL/USA) und in der Postproduktion unterwegs. Ihr Debüt ist ein Ensemblefilm, in dessen Mittelpunkt drei Frauen – Isabel, Maria und Roberta – stehen. Darin zeichnet sie das Bild einer Gesellschaft, die nahezu untrennbar mit dem Drogenhandel verbunden ist. Der Sohn der Polizistin Roberta ist in Drogengeschäfte verstrickt, genau wie Maria, die so ihren Lebensunterhalt verdient. Der Film ist eine Studie der Gewalt, psychisch, physisch und sozial. Träume und Metaphern mischen sich mit der Realität und werden von Kameramann Adrian Durazo in großformatigen Bildern festgehalten.

Termine bei der 72. Berlinale
Freitag, 11. Februar, 15:30 Uhr, Berlinale Palast
Samstag, 12. Februar, 15:00 Uhr, Cubix 9
Montag, 14. Februar, 15:00 Uhr, Cubix 9
Donnerstag, 17. Februar, 21:00 Uhr, International
Sonntag, 20. Februar, 15:00 Uhr, Cubix 6
Sonntag, 20. Februar, 15:00 Uhr, Cubix 5

CALL JANE

CALL JANE © Wilson Webb

Darum geht es:
Chicago in den 1960er Jahren: Die Hausfrau Joy (Elizabeth Banks) wünscht sich sehnsüchtig ein zweites Kind. Die Freude über ihre Schwangerschaft wird jedoch getrübt, als bei ihr ein Herzfehler diagnostiziert wird, der die Situation für sie lebensgefährlich macht. Nachdem ihr eine Abtreibung im Krankenhaus verweigert wird, stößt sie auf das im Untergrund agierende Netzwerk „The Janes“. Unter der Führung von Virginia (Sigourney Weaver) organisieren die Frauen nicht nur illegale Abtreibungen, sondern setzen sich für deren Legalisierung ein. Bald schon engagiert Joy sich bei den Janes und wandelt sich Stück für Stück zur Frauenrechtlerin.

Was du zum Film wissen musst:
Phyllis Nagy ist bisher vor allem als Drehbuchautorin bekannt. CAROL (Todd Haynes, 2015 USA), ihre Adaption des Patricia Highsmith Romans The Price of Salt, brachte ihr gleich mehrere Oscar- und BAFTA-Nominierungen ein. In CALL JANE versammelt sie mit Sigourney Weaver, Elizabeth Banks und Wunmi Mosaku ein Ensemble, der sich sehen lassen kann. Das Drama basiert auf wahren Begebenheiten, denn „Jane“ oder „The Jane Collective“ hat es tatsächlich von 1969 bis 1973 in Chicago gegeben. Phillys Nagys Debüt ist ein Film über weibliche Solidarität und Selbstbestimmung; „a woman’s right to choose“. Ein Thema, das selbst 50 Jahre und zwei Generationen später noch aktuell ist. Erwähnt sei hier der Umstand, dass die Abtreibungsgesetze in vielen US-amerikanischen Staaten gerade verschärft werden. Auch in Deutschland existiert der § 218 des StGB in Deutschland weiterhin, weshalb bis heute nicht legal, sondern in bestimmten Fällen lediglich straffrei sind. – TR

Termine bei der 72. Berlinale
Sonntag, 13.Februar, 22:00 Uhr, Berlinale Palast
Montag, 14. Februar, 12:00 Uhr, Friedrichstadt-Palast
Donnerstag, 17. Februar, 15:00 Uhr, Friedrichstadt-Palast
Samstag, 19. Februar, 12:00 Uhr, Berlinale Palast

THE NOVELIST’S FILM (SO-SEOL-GA-UI YEONG-HWA)

THE NOVELIST’S FILM © Jeonwonsa Film Co. Production

Darum geht es:
Eine Schaffenskrise, die auch eine Lebenskrise ist: Die Schriftstellerin Junhee hat schon länger nichts veröffentlicht und die Treffen mit einem Buchhändlerfreund, der selbst das Schreiben aufgegeben hat, und einem Regisseur, der ihren Roman nicht verfilmt hat, machen das nicht besser erträglich. Doch ein zufälliges Treffen mit einer bekannten Schauspielerin, die sich an einem ähnlichen Knackpunkt ihres Lebens befindet, ändert dies.

Was du zum Film wissen musst:
Der koreanische Regisseur Hong Sang-soo darf eigentlich in keinem Programm eines größeren Festivals fehlen. Mindestens einen Film im Jahr produziert dieser wirklich vielbeschäftigte Filmemacher, manchmal sogar mehr. Seine Filme zeichnen sich durch eine besondere Leichtigkeit in der Form und einer meist entsprechenden Tiefe im Inhalt aus. Seine Protagonisten reflektieren viel, hinterfragen sich und die Welt, in der sie leben. Als Hauptdarstellerin kehrt ebenfalls auf der Leinwand Hongs Lebensgefährtin Kim Minhee zurück, die den Meister vor 27 Jahren kennenlernte und seitdem unweigerlich mit ihm verbunden ist. – TV

Termine bei der 72. Berlinale
Mittwoch, 16. Februar, 11: 30 Uhr, Berlinale Palast
Donnerstag, 17. Februar, 18:30 Uhr, Friedrichstadt-Palast
Donnerstag 18. Februar, 15:00 Uhr, Urania
Sonntag, 19. Februar, 15:00 Uhr, Berlinale Palast
Sonntag, 20. Februar, 20:30 Uhr, International

EVERYTHING WILL BE OKAY

EVERYTHING WILL BE OK © CDP, Anupheap Production

Darum geht es:
Die Tiere haben die Menschen unterworfen und die Weltherrschaft übernommen. Die Denkmäler wurden gestürzt, um die Ideologien und den vorherrschenden Speziesismus in einer Revolution zu überwinden. Doch es werden bereits neue Monumente errichtet. Elefanten, Löwen, Wildschweine und Affen kehren die Gräuel des 20. Jahrhunderts um und begehen diese erneut. Somit wiederholen sich die Tragödien der Geschichte in Form einer symbolischen Farce.

Was du zum Film wissen musst:
Der kambodschanische Regisseur Rithy Panh setzt sich in seinen Werken auf innovative Weise mit den historischen Gräueltaten der Menschheit auseinander. 2020 zeichnete er in IRRADIÉS eine experimentelle Bildcollage über den Schrecken des Krieges und erhielt dafür den Dokumentarfilmpreis der Berlinale. In EVERYTHING WILL BE OKAY rekonstruiert er die Menschheitsgeschichte in dystopischen Dioramen. – HK

Termine bei der 72. Berlinale
Samstag, 12. Februar, 12:00 Uhr, Berlinale Palast
Sonntag, 13. Februar, 18:00 Uhr, Cubix 9
Montag, 14. Februar, 12:00 Uhr, Cubix 9
Mittwoch, 16. Februar, 15:00 Uhr, Akademie der Künste
Sonntag, 20. Februar, 18:00 Uhr, Cubix 5
Sonntag, 20. Februar, 18:00 Uhr, Cubix 6

Encounters

UNREST (UNRUEH)

UNREST © Seeland Filmproduktion

Darum geht es:
In einem kleinen Tal in den Schweizer Bergen im 19. Jahrhundert hält ein Uhrenmacher das ganze Dorf wirtschaftlich am Laufen. Der Direktor gilt deswegen auch als geschätzte Persönlichkeit und kann sich entsprechend einen strengen Umgang mit seinen Mitarbeitern leisten. Darunter sind viele jüngere und ältere Frauen, die dank ihrer geschickten, schmaleren Fingern die verantwortungsvolle Aufgabe haben, dem Uhrwerk den letzten Schliff zu geben. Ihre Routine kommt allerdings durcheinander, als ein russischer Kartograph ins Dorf kommt und mit dem Vorwand, die Gegend neu vermessen zu wollen, sich der lokalen Anarchistenbewegung anschließt.

Was du zum Film wissen musst:
Cyril Schäublin hat mit seinem ersten Langspielfilm DENE WOS GUET GEIT, der 2017 erst unter der Hand gehandelt wurde und dann in Fachkreisen doch eine verdiente Würdigung erfuhr, etwas Großartiges geleistet. Sein Film ist eine stille Sozialkritik, ein elegischer Kriminalroman und ein Pulsmesser der modernen Schweiz. Für UNRUEH reist er ins 19. Jahrhundert zurück, immer noch in der Schweiz, schlägt aber die Brücke nach Russland und zeigt, wie es auch in diesem vermeintlich verschlafenen, sich bauchbepinselnden Land, zumindest einst, gebrodelt hat. Wieder ist Silvan Hillmann für die Fotografie zuständig, der auf der Bildebene etwas erreicht, das im aktuellen Filmschaffen ohne zu übertreiben, als etwas vom Visionärsten gilt. – TV

Termine bei der 72. Berlinale
Mittwoch, 14. Februar, 21:30 Uhr, CinemaxX7
Dienstag, 15. Februar, 12:00, Cubix 7
Freitag, 18. Februar, 21:00 Uhr, Akademie der Künste
Samstag, 19. Februar, 11:00 Uhr, CinemaxX 7
Samstag, 19. Februar, 11:00 Uhr, CinemaxX 6

SONNE

SONNE © Ulrich Seidl Filmproduktion

Darum geht es:
Drei Freundinnen drehen ein Burka-Musikvideo, das plötzlich in der muslimischen Community viral geht. Der Erfolg lässt die Risse in der Freundschaft zwischen den Dreien – Yesmin ist Kurdin und trägt Kopftuch, Bella nennt sich eine „Halbjugo(slawin)“, Nati „kommt aus Österreich“ – offenbar werden.

BFF-Co-Chefredakteurin Marie Ketzscher interviewte Kurdwin Ayub für ein der Künstlerin gewidmetes Kurzfilmprogramm 2021: https://www.youtube.com/watch?v=Qh7TzlD9yqw

Was du zum Film wissen musst:
Kurdwin Ayub ist spätestens seit dem autobiografischen Familien-Dokumentarfilm PARADIES PARADIES (2016) über die kurdisch-irakische Heimatsehnsucht ihres Papas kein Geheimtipp mehr. Rotzfrech, direkt und mit ordentlich Selbstironie, immer mit genauem Blick für das Verwobensein von Jugendkultur und Digitalität. SONNE ist ihr fiktionales Spielfilmdebüt und eine Ulrich Seidl Filmproduktion.

Termine bei der 72. Berlinale
Samstag, 12. Februar, 21:30 Uhr, CinemaxX 7
Sonntag, 13. Februar, 12:00 Uhr, Cubix 7
Donnerstag, 17. Februar, 18:00 Uhr, CinemaxX 7
Donnerstag, 17. Februar, 18:00 Uhr, CinemaxX 6
Sonntag, 20. Februar, 15:00 Uhr, Akademie der Künste

FLUX GOURMET

FLUX GOURMET © Flux Gourmet, Bankside Films, IFC Productions I

Darum geht es:
Die Kunstresidenz Sonic Catering Institute hat ein kulinarisches Kollektiv eingeladen hat, um dort eine Performance aufzuführen. Ein griechischer Schriftsteller ist anwesend, um darüber zu berichten. Während interne Streitigkeiten und subversive Angriffe einer abgelehnten Gruppe das Kollektiv zermürben, beginnt der Autor zunehmend unter ernsthaften Verdauungsproblemen zu leiden.

Was du zum Film wissen musst:
Seit seinem internationalen Durchbruch mit BERBERIAN SOUND STUDIO verfolgt der britische Filmemacher Peter Strickland eine selbstironische Brechung des paneuropäischen Kunst- und Exploitationfilms der 60er und 70er Jahre. FLUX GOURMET macht da keine Ausnahme und mutet wie eine eigenwillige Interpretation von Marco Ferreris grotesker Gesellschaftssatire DAS GROßE FRESSEN (1973) an. – HK

Termine bei der 72. Berlinale
Freitag, 11. Februar, 21:30 Uhr, CinemaxX 7
Samstag, 12. Februar, 12:00 Uhr, Cubix 7
Mittwoch, 16. Februar, 12:30 Uhr, CinemaxX 6
Mittwoch, 16. Februar, 12:30 Uhr, CinemaxX 7
Donnerstag, 17. Februar, 21:00 Uhr, Akademie der Künste
Freitag, 18. Februar, 15:00 Uhr, CinemaxX 6
Freitag, 18. Februar, 15:00 Uhr, CinemaxX 7

Panorama

NELLY & NADINE

NELLY & NADINE © Auto Images

Darum geht es:
Nelly und Nadine waren zwei Frauen, die – als politische Gefangene interniert – sich in einem Konzentrationslager kennen und lieben gelernt haben. Ihre Geschichte erzählt nun die Enkelin von Nelly, die den Nachlass der Großmutter und damit ein lange als Familiengeheimnis betrachteten Abschnitt aus Nellys Leben geerbt hat. Während Sylvie die zahlreichen Tagebücher durchstöbert und vorliest, entsteht für den Zuschauer das Bild zweier starker und lebensfroher Frauen. Der Film erzählt von einer vergangenen Zeit, spannt aber den Bogen bis weit in unsere eigene Gegenwart.

Was du zum Film wissen musst:
Es ist bereits der dritte Dokumentarfilm, den der schwedische Regisseur Magnus Gertten dem Thema Überlebende des Holocausts widmet. Er sieht es als seine Aufgabe, Geschichte sichtbar zu machen, die in Vergessenheit geraten ist. Seine Protagonisten sind stumme Helden, bis er ihnen eine Plattform gibt und sie so zu ihrem rechtmäßigen Ruhm kommen. – TV

Termine bei der 72. Berlinale
Freitag, 11. Februar, 16:00 Uhr, International
Samstag, 12. Februar, 12:00 Uhr, Zoo Palast 2
Samstag, 12. Februar, 18:00 Uhr, Eva Lichtspiele
Donnerstag, 17. Februar, 20:00 Uhr, Cubix 9
Freitag, 18. Februar, 11:30 Uhr, CinemaxX 4
Samstag, 19. Februar, 12:30 Uhr, Zoo Palast 1

VIENS JE T’EMMÈNE

VIENS JE T’EMMÈNE © CG Cinema

Darum geht es:
Médédric (Jean-Charles Clichet) ist Mitte Dreißig, unscheinbar und arbeitet irgendwas mit Computern. In seiner Freizeit hält er sich mit Joggen fit. Außerdem ist er in die ältere – und wie sich herausstellt verheiratete – Sexarbeiterin Isadora (Noémie Lvovsky) verliebt… Das sagt er zumindest. Isadora ist nicht abgeneigt und die beiden treffen sich im Hotel de France zu einem Schäferstündchen. Die Nachricht von einem Terroranschlag in der Innenstadt unterbricht jäh ihre Zweisamkeit und sorgt für allerlei Wirbel. Erst steht Isadoras Ehemann (Michel Masiero) vor der Tür, dann trifft Médéric auf den obdachlosen Jugendlichen Sélim (Iliès Kadri). Was hat es mit dem Anschlag auf sich, verbirgt Sélim ein Geheimnis und wird Médédric Isadora wiedersehen? Nicht nur die Stadt ist in Aufruhr, auch das Leben von Médéric gerät aus der Bahn.

Was du zum Film wissen musst:
VIENS JE T’EMMÈNE heißt übersetzt soviel wie „Komm, ich nehme dich mit“. Regisseur Alain Guiraudie nimmt uns in seinem neuen Film mit auf eine wilde Fahrt kreuz und quer durch die Stadt Clermont-Ferrand und ganz neben bei durch die französische Gesellschaft. Mal absurdes Personentheater, mal Gesellschaftssatire und dann wieder tragischer Erzählung, springt dieser Film zwischen Figuren, Orten und Themen hin und her. Alain Guiraudie ist vor allem für seinen erotischen Thriller L’INNCONU DU LAC (F 2013), Stranger by the Lake, bekannt, der an einem FKK-Strand spielt, der ein beliebter Cruising-Spot für schwule Männer ist. Mit seinem neuesten Film schlägt Guiraudie andere Töne an und nimmt die französische Gesellschaft in den Blick. – TR

Termine bei der 72. Berlinale
Donnerstag, 10. Februar, 21:00 Uhr, CinemaxX 7 (Panorama Eröffnung)
Donnerstag, 10. Februar, 21:15 Uhr, CinemaxX 6
Donnerstag, 10. Februar, 21:30 Uhr, CinemaxX 8
Freitag, 11. Februar, 13:30 Uhr, International
Montag, 14. Februar, 21:00 Uhr, Intimes 2 (Berlinale Goes Kiez)
Montag, 14. Februar, 21:00 Uhr, Intimes 1 (Berlinale Goes Kiez)
Donnerstag, 17. Februar, 22:00 Uhr, Zoo Palast 1
Freitag, 18. Februar, 12:00 Uhr, Zoo Palast 2

ALLE REDEN ÜBERS WETTER

ALLE REDEN ÜBERS WETTER © Ben Bernhar::DFFB

Darum geht es:
Clara (Anne Schäfer) ist 39 Jahre, lebt in einer WG in Berlin-Kreuzberg und ist gerade dabei, ihren Doktor in Philosophie zu machen. Ihre Tochter Emma (Emma Frieda Brüggler) ist im besten Teenager-Alter und lebt mit Claras Ex-Mann in einem beschaulichen Häuschen am Stadtrand. Ihre Doktormutter Margot (Judith Hofmann) stärkt Clara im sexistisch-klassistischen Universitätsumfeld zwar den Rücken, ist selbst aber nicht frei von beiläufiger Herablassung. Als Clara zur Geburtstagsfeier ihrer Mutter Inge (Anne-Kathrin Gummich) in ihr mecklenburgisches Heimatdorf fährt, muss sie sich mit den eigenen Wurzeln, ihrer inneren Zerrissenheit und der Frage, was Heimat eigentlich bedeutet, auseinandersetzen.

Was du zum Film wissen musst:
ALLE REDEN ÜBERS WETTER ist das Langfilmdebüt von Regisseurin Annika Pinske. Zuvor war sie in der Produktionsfirma Komplizenfilm tätig, unter anderem für TONI ERDMANN als persönliche Assistentin von Regisseurin Maren Ade. In ihrem Debütfilm erzählt sie davon, was es bedeutet, im Deutschland der Gegenwart das soziale Milieu zu wechseln. Es geht um Zugehörigkeit und Heimatlosigkeit, das Hin- und Hergerissen-Sein zwischen der Universität, die Clara oft allzu abgehoben scheint und dem Heimatdorf in Mecklenburg, das ihr wiederum zu bodenständig ist. Annika Pinske fängt Sprechweisen, Floskeln und Zwischentöne ein und verbindet in ihrem Film das Persönliche mit dem Gesellschaftlichen. – TR

Termine bei der 72. Berlinale
Montag, 14. Februar, 19:00 Uhr, Zoo Palast 1
Dienstag, 15. Februar, 17:00 Uhr, Cineplex Titania
Dienstag, 15. Februar, 21:00 Uhr, Kino Union (Berlinale Goes Kiez)
Donnerstag, 17. Februar, 12:00 Uhr, Zoo Palast 2
Samstag, 19. Februar, 20:00 Uhr, Cubix 9

AŞK, MARK VE ÖLÜM (LIEBE, D-MARK UND TOD)

LIEBE, D-MARK UND TOD © filmfaust, Film Five

Darum geht es:
Das Anwerbeabkommen mit der Türkei brachte 1961 neben den als Gastarbeiter*innen bezeichneten Menschen auch deren musikalische Einflüsse nach Deutschland. Über Jahrzehnte hinweg wandelten sich die wehmütigen Lieder der frühen Jahre in ganz eigene akustische Mikrokosmen. LIEBE, D-MARK UND TOD folgt einigen Beteiligten dieser Musikszene, die fernab des lokalen Mainstreams agierte.

Was du zum Film wissen musst:
Nostalgische Rückblicke auf die Musikgeschichte der Nachkriegsjahre gibt es viele, jedoch finden die türkischen Immigrant*innen darin zumeist keine Beachtung. Der Dokumentarfilmer Cem Kaya schafft nun Abhilfe und porträtiert in seinem filmischen Essay anhand von Archivmaterialien und Interviews die Hintergründe, Veranstaltungsorte und Verbreitungsformen dieser musikalischen Subkultur, die außerhalb der Diaspora größtenteils unbekannt geblieben ist. – HK

Termine bei der 72. Berlinale
Dienstag, 15. Februar, 16:00 Uhr, International
Dienstag, 15. Februar, 16:20 Uhr, Cubix 2
Mittwoch, 16. Februar, 17:00 Uhr, Cineplex Titania
Freitag, 18. Februar, 14:00 Uhr, Cubix 9
Samstag, 19. Februar, 12:00 Uhr, Zoo Palast 2

Generation

SHABU

SHABU © Tangerine Tree

Darum geht es:
Shabu ist ein 14-jähriger Junge, der in einer der berühmtesten Sozialwohnungssiedlungen der Niederlanden lebt, im Peperklip in Rotterdam. Sein Traum ist es, mit eigenen Liedern groß rauszukommen. Doch in der Zwischenzeit muss er konkretes Geld verdienen, denn er hat ohne Erlaubnis das Auto seiner Großmutter genommen und einen Schaden verursacht. Die Arbeit im Supermarkt, die ihm seine Mutter aufbrummt, sagt ihm nicht zu, mit den selbstgemachten Eislutschern kommt er auf keinen grünen Zweig – da plant er lieber eine große Fete, auf der er auftreten kann.

Was du zum Film wissen musst:
Gemeinsam mit Shabu selbst hat Regisseurin Shamira Raphaël die Abenteuer zusammengestellt, die die beiden während sechs Wochen in den Sommerferien erlebt haben. Auch wenn einige Szenen wohl gestellt sind, es sind immer Shabus eigene Worte, die man hört. Shabu gehört einer Familie aus Suriname an. Nur selten werden Menschen aus Suriname, eine ehemalige Kolonie der Niederlanden, in Filmen abseits einem Narrativ, das sie als sozial schwache Gruppe zeigt, in den Fokus gerückt. – TV

Termine bei der 72. Berlinale
Montag, 14. Februar, 16:30 Uhr, Urania (Gebärdensprache)
Dienstag, 15. Februar, 09:30 Uhr, Urania
Mittwoch, 16. Februar, 14:00 Uhr, Cineplex Titania
Donnerstag, 17. Februar, 11:00 Uhr, HKW
Samstag, 19. Februar, 12:00 Uhr, CinemaxX 1
Samstag, 19. Februar 12:00 Uhr, CinemaxX 2

MILLIE LIES LOW

MILLIE LIES LOW © Sandy Lane Productions

Darum geht es:
Für Millie (Ana Scotney) läuft es super – jedenfalls glaubt das ihr Umfeld. Den Studienabschluss hat sie in der Tasche und freut sich auf ihr Praktikum in den USA. Doch am Flughafen passiert es: Millie bekommt eine Panikattacke – und muss umbuchen. Ohne Geld, ohne Dach über dem Kopf und voller Scham versucht Millie, immer noch in Wellington, ihren Freund:innen per Videochat vorzuspielen, sie sei wie geplant in den USA. Doch bei dem Versuch, an Geld für ein neues Flugticket zu kommen, verwickelt sie sich schnell in immer absurdere Lügenschichten.

Was du zum Film wissen musst:
Regisseurin und Drehbuchautorin Michelle Savill, 1984 auf den Philippinen geboren, lebt und arbeitet in Neuseeland und ist Berlinale Talents-Alumna. Mit ihren Kurzfilmen war sie auf zahlreichen internationalen Filmfestivals zu Gast. Die herrlich schräge Tragikomödie MILLIE LIES LOW ist ihr erster Langspielfilm. – StB

Termine bei der 72. Berlinale
Sonntag, 13. Februar, 21:00 Uhr, HKW
Montag, 14. Februar, 14:00 Uhr, Cineplex Titania
Donnerstag, 17. Februar, 17:00 Uhr, Cubix 8
Freitag, 18. Februar, 15:00 Uhr, CinemaxX 2
Freitag, 18. Februar, 15:00 Uhr, CinemaxX 1
Sonntag, 20. Februar, 14:00 Uhr, Cubix 8

ALLONS ENFANTS

ALLONS ENFANTS © Alban Teurlai

Darum geht es:
Mitten in Paris gibt es eine Schule, an der Jugendliche das Abitur ablegen und sich gleichzeitig zu Profitänzer:innen ausbilden lassen können – das Lycée Turgot. Junge Menschen mit ganz verschiedenen familiären und sozialen Hintergründen treffen hier aufeinander. Das führt zu Konflikten, aber auch zum gemeinsamen Träumen und Wachsen. Die jungen Frauen, die auf der Schule Hip-Hop tanzen, lernen durch den Tanz und die Bewegung auch, sich gegenüber ihren männlichen Mitschülern zu behaupten.

Was du zum Film wissen musst:
ALLONS ENFANTS bringt in 115 Filmminuten auf die Leinwand, was Tanz bewirken und welche Energien er freisetzen kann. Die Regisseure Thierry Demaizière und Alban Teurlai drehen schon seit 2004 gemeinsam Dokumentarfilme sowie Fernsehreportagen. Demaizière war vorher lange als Auslandskorrespondent tätig, Teurlai brach ein Filmstudium ab. Gemeinsam gründeten die beiden die Filmproduktionsfirma Falabracks. – StB

Termine bei der 72. Berlinale
Donnerstag, 10. Februar, 19:30 Uhr, HKW
Freitag, 11. Februar, 10:30 Uhr, HKW
Montag, 14. Februar, 14:30 Uhr, Cubix 8
Freitag, 18. Februar, 15:30 Uhr, Filmtheater am Friedrichshain
Samstag, 19. Februar, 18:00 Uhr, Cineplex Titania

Generation Kplus

THE HILL OF SECRETS (BIMILEUI EONDEOK)

HILL OF SECRETS © ohspring film

Darum geht es:
Myung-eun ist zwölf Jahre alt. Ihre Eltern betreiben auf dem Markt einen Fischladen. Das findet das Mädchen beschämend und erzählt in der Schule, dass ihr Vater in einer Papierfabrik arbeitet und die Mutter Hausfrau sei. Doch das ist nicht alles. Sie findet, der Vater sei faul, die Mutter geizig und unsolidarisch sowie zu wenig umweltbewusst. Ständig zanken sich die Eltern zudem und halten sie bewusst klein: keine teure Kleidung und gegen ihre neue Aufgabe als Klassensprecherin sind sie auch. Doch Myung-eun blüht darin auf, da ihre Idee, dass jeder Schüler anonym seine Verbesserungsvorschläge einbringen kann, viel Anklang findet. Als neue Schülerinnen in die Klasse kommen, lenken sie mit ihrer unkonventionellen und nicht unbedingt rühmlichen Familiengeschichte die Aufmerksamkeit auf sich. Auch beim Jugendschreibwettbewerb treten sie miteinander in Konkurrenz.

Was du zum Film wissen musst:
Der Film ist der erste Langfilm der südkoreanischen Regisseurin Lee Ji-eun. Sie behandelt aus der Perspektive einer Heranwachsenden das Thema Familie und Identitätsfindung. Sie hat für die Hauptrolle eine beeindruckend souveräne junge Darstellerin gefunden, die dem intimen, unpathetischen Porträt und dem Coming-of-age-Film eine außerordentliche Glaubwürdigkeit und Tiefgang gibt. – TV

Termine bei der 72. Berlinale
Sonntag, 13. Februar, 10:30 Uhr, HKW
Sonntag, 13. Februar, 15:35 Uhr, Cubix 3
Mittwoch, 16. Februar, 17:00 Uhr, HKW
Donnerstag, 17. Februar, 09:30 Uhr, Filmtheater am Friedrichshain
Freitag, 18. Februar, 14:00 Uhr, Cubix 8

Perspektive Deutsches Kino

SORRY GENOSSE

SORRY GENOSSE © Felix Pflieger : Nordpolaris

Darum geht es:
Liebe auf den ersten Blick ist es bei Hedi und Karl-Heinz, doch die Mauer trennt die beiden. Wegen der deutschen Teilung sind die Thüringer Medizinstudentin und der westdeutsche Linksaktivist gezwungen, per Brieffreundschaft in Kontakt zu bleiben. Nach Treffen in Prag und Bulgarien und voller Sehnsucht entscheidet sich Antikapitalist Karl-Heinz dazu, in die DDR umzuziehen, doch die Stasi verlangt Spionagetätigkeiten von ihm. Als auch Hedi unter immer mehr Schikanen leiden muss, schmieden die beiden einen mutigen Plan: mit einem falschen Pass soll es über Rumänien nach Westdeutschland gehen.

Was du zum Film wissen musst:
Vera Brückner, 1988 in München geboren, studierte Dokumentarfilmregie und Fernsehpublizistik an der HFF München. Mit ihren Kurzfilmen war sie u.a. beim DOK Leipzig und auf zahlreichen internationalen Filmfestivals zu Gast. In SORRY GENOSSE verbindet sie auf tragikomische Weise und in kreativ-verspielter Form deutsch-deutsche Geschichte mit den persönlichen Erinnerungen eines Paares, das sich durch die Mauer nicht aufhalten ließ. – StB

Termine bei der 72. Berlinale
Sonntag, 13. Februar, 18:45 Uhr, International
Montag, 14. Februar, 14:30 Uhr, Cubix 6
Dienstag, 15. Februar, 18:00 Uhr, Kino Union
Donnerstag, 17. Februar, 11:00, International
Samstag, 19. Februar, 11:00 Uhr, Cineplex Titania
Sonntag, 20. Februar, 18:00, CinemaxX 2
Sonntag, 20. Februar, 18:00, CinemaxX 1

MY SMALL LAND

MY SMALL LAND © 2022MSLPC

Darum geht es:
Sarya lebt mit ihrer Familie, seit sie fünf Jahre alt ist, in einer kleineren japanischen Stadt. Ursprünglich sind sie aber Kurden, die in Japan Asyl beantragt haben. Nach über einem Jahrzehnt entscheidet sich der Staat gegen sie und entzieht ihnen ihre Aufenthaltsgenehmigung. Der Vater möchte das Land wieder verlassen. Doch Sarya und ihre Geschwister kennen nur Japan, auch wenn sie dort mit Vorurteilen konfrontiert werden. Sarya ist eine gute Schülerin mit einer Zukunft vor sich. Sie freundet sich zudem mit Sota an, der mit ihr nach Osaka möchte. Ob die beiden unter diesen Voraussetzungen ein gemeinsames Leben führen können, ist fraglich.

Was du zum Film wissen musst:
Dieser ist der erste Langspielfilm der japanischen Regisseurin Emma Kawawada. Sie bespricht die Themen Heimat und Identität anhand einer Geflüchtetengeschichte, die man in dieser Konstellation noch nicht oft gesehen hat. Kulturelle Traditionen, Verantwortungsgefühl und Opferbereitschaft stehen dabei im Vordergrund. – TV

Termine bei der 72. Berlinale
Samstag, 12. Februar, 17:30 Uhr, HKW (Gebärdensprache)
Montag, 14. Februar, 18:00 Uhr, Intimes 1
Montag, 14. Februar, 18:00 Uhr, Intimes 2
Dienstag, 15. Februar, 14:00 Uhr, Cineplex Titania
Freitag, 18. Februar, 20:00 Uhr, HKW
Sonntag, 20. Februar, 12:00 Uhr, CinemaxX 1
Sonntag, 20. Februar, 12:00 Uhr, CinemaxX 2

Shorts

HAULOUT

HAULOUT © Maxim Arbugaev

Darum geht es:
Eigenbrötlertum und russische Arktis. Ein Mann wartet in einer einfachen Holzhütte auf ein alljährliches Naturereignis. Der Titel verrät dabei schon bisschen, worum es geht: Eine bestimmte Art von Flossenfüßern. Aber natürlich auch um das bedrohte Habitat.

Was du zum Film wissen musst:
Das Regieduo aus Evgenia Arbugaeva und Maxim Arbugaev ist seinem Thema geografisch stark verbunden: Es stammt aus Tiksi in der russischen Arktis. Er sattelte vom Eishockeyspiel auf Kinematografie um, sie arbeitet schon seit über zehn Jahren als Dokumentarfotografin. Ihre preisgekrönten Bilder kann man unter anderem im New Yorker bestaunen. – MK

Termine bei der 72. Berlinale im Rahmen des Programms Berlinale Shorts IV
Montag, 14. Februar, 21:30 Uhr, Cubix 9
Dienstag, 15. Februar, 12:00 Uhr, Cubix 6
Mittwoch, 16. Februar, 21:00 Uhr, Passage (Berlinale Shorts Go Kiez; etwas anderes Programm)
Freitag, 18. Februar, 15:30 Uhr, Cineplex Titania
Samstag, 19. Februar, 21:30 Uhr, CinemaxX 9

IT’S RAINING FROGS OUTSIDE (AMPANGABAGAT NIN TALAKBA HA LIKOL)

IT’S RAINING FROGS OUTSIDE © MalasMalas

Darum geht es:
Seit MAGNOLIA wissen wir spätestens: Wenn es Frösche regnet, ist das katharsische Drama kurz vor dem Höhepunkt. Oder die Apokalypse ist längst da. Maya ist wieder dort, wo sie aufgewachsen ist, aber was passiert mit dem Begriff Heimat/Daheim-Sein, wenn man sich nicht mehr von Zuhause weg bewegen kann?

Was du zum Film wissen musst:
Das Kurzfilmdebüt der Philippinin Maria Estela Paiso ist ein mutiger Mixed-Media-Film mit verschiedenen politischen Subtexten. Die Einsamkeit des Singles im Lockdown lässt sich hier ebenso wiederfinden wie die Entfremdung von der Heimat, individuell wie systemisch.

Termine bei der 72. Berlinale im Rahmen des Programms Berlinale Shorts III
Sonntag, 13. Februar, 21:30 Uhr, Cubix 9
Montag, 14. Februar, 12:00 Uhr, Cubix 6
Freitag, 18. Februar, 19:00 Uhr, CinemaxX 9
Samstag, 19. Februar, 15:30 Uhr, Cineplex Titania

Retrospektive

Berlinale Retrospektive 2022: „No Angels – Mae West, Rosalind Russell & Carole Lombard“

MY MAN GODFREY © Sammlung Österreichisches Filmmuseum, courtesy of Universal Studios Licensing, LLC

Darum geht es:
Nachdem die Retrospektive über die drei Schauspielgrößen der klassischen Hollywood-Era – Mae West, Rosalind Russell und Carole Lombard – letztes Jahr pandemiebedingt verschoben wurde, ist sie nun endlich auf der diesjährigen Berlinale zu sehen. Insgesamt werden knappe 30 Filme gezeigt, allesamt aus der Blütezeit der Screwballkomödie, den Jahren also von 1933 bis 1943. Die 4k-Restauration von MY MAN GODFREY (Gregory La Cava, 1936 USA) mit Carol Lombard und William Powell in den Hauptrollen, feiert am 11. Februar seine Weltpremiere.

Was du zur Retrospektive wissen musst:
Mae West brach in den 30er Jahren mit sexuellen Tabus, Carol Lombard war für ihren scharfzüngigen Witz bekannt und Rosalind Russell redete in HIS GIRL FRIDAY (Howard Hawks, 1940 USA) sogar Cary Grant unter den Tisch. Jede der Schauspielerinnen hat ihren eigenen Stil. Es verbindet sie aber ihr komödiantisches Talent genau wie der Umstand, dass sie zu einer Zeit, in der Frauen in der Filmindustrie marginalisiert und diskriminiert wurden, die Kontrolle über ihr Filmstar-Image behielten. Lombard, West und Russell navigierten die Fallstricke Hollywoods geschickt und verkörperten unabhängige Frauenfiguren nicht nur der Kamera, sondern sprachen auch ungewöhnlich offen über den Sexismus der Filmindustrie. Neben MY MAN GODFREY hat auch die 4-Restaurierung von BELLE OF THE NINETIES (Leo McCarey, 1934 USA) Weltpremiere, in der Mae West die Vaudeville-Sängerin Ruby Carter verkörpert. Daneben zeigt die Deutsche Kinemathek zahlreiche der Komödien auf 35-mm-Film – ein Vergnügen, das ihr euch nicht entgehen lassen solltet. Und: Am Mittwoch, den 16. Februar sprechen, BFF-Autorin Bianca Jasmina Rauch sowie Sonja Hartl (freie Journalistin) und Annika Haupts (Deutsche Kinemathek) über Frauenbilder, Geschlechterverhältnisse und Pionierleistungen in den Filmen der diesjährigen Retrospektive. Der Eintritt ist frei! – TR

Weitere Informationen zur Retro & alle Termine bei der 72. Berlinale gibt es hier nachzulesen.