BFF On The Road: Nordische Filmtage Lübeck 2015


Logo NFL 2015 DFür Berliner Filmfestivals besucht Autorin SuT die 57. Ausgabe der Nordischen Filmtage in Lübeck. Das Festival genießt einen herausragenden Ruf und gewährt Einblicke in das oft beeindruckende Schaffen der Cinematographien Skandinaviens. Ein Blick nach Norden, der sich lohnt!

Tag 1: Sensible Nordlichter

Tübsal blasende, graubärtige Männer mit herausgewachsener Sturmfrisur, faltigen und von Wind und Sonne gegerbten Gesichtern eröffneten am 4. November 2015 die 57. Nordischen Filmtage Lübeck. Grímur Hákonarsons Film „Sture Böcke“ erzählt von eben jenen Sturköpfen; Schafsköpfen, die lieber mit den Hörnern aufeinander losgehen, als nach größeren oder kleineren Zerwürfnissen miteinander zu reden. In diesem Fall sind es die beiden Brüder Kiddi und Gummi. Auf dem vom Vater geerbten Land leben die beiden dickköpfigen, alten und zotteligen Männer, ganz ohne Frau und Kind, Tür an Tür. Nur der Schafstall, in dem jeder seinen Teil des über Generationen gezüchteten Boltstare Stocks versorgt und pflegt, trennt ihre Häuser. Für die Kommunikation, die sich hin und wieder nicht vermeiden lässt, z.B. für die Rechnungsübermittlung zerschossener Schlafzimmerfenster oder andere kleine Erinnerungsbotschaften, schicken sie keine Brieftaube, sondern einen Briefhund. In 40 Jahren haben sie ihren Schweigeprotest perfektioniert. Und doch hat das Schicksal mit beiden einen anderen Plan. Als ihre Herden am tödlichen Scrapie (Traberkrankheit) erkranken, geht es nicht mehr ohne einander.

"Sture Böcke" eröffnete die Nordischen Filmtage 2015 in Lübeck. Foto: Arsenal

„Sture Böcke“ eröffnete die Nordischen Filmtage 2015 in Lübeck. Foto: Arsenal

Der Eröffnungsfilm der Nordischen Filmtage ist wie ein Genrebild des hohen Nordens: karge und weite Landschaften, raue Gemüter, die so schlicht und dekorationslos wie die Inneneinrichtungen ihrer Häuser sind, in denen sie wohnen. Nur an Weihnachten wird es mal lauschig, mit viel Kerzenlicht und LED-Lichterketten in der ganzen Wohnung, während draußen der Schneesturm tobt. Einzig, jeder feiert hier für sich allein.
Regisseur Grímur Hákonarson erzählt von den Alltagskriegen, Feindschaften zwischen Brüdern, die sich doch näher stehen sollten, als alle anderen. Am Ende steht die Frage, ob denn immer erst Katastrophen passieren müssen, um den Heilungsprozess wieder herzustellen und kann es da nicht schon zu spät sein. Wunderbar stellt Hákonarson seinen zwei Hauptfiguren die sturen Hörnertiere zur Seite, zu denen beide sehr nahe Beziehungen pflegen. Wie Kinder, Freunde oder Partner werden sie geherzt, geküsst, beweint.

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