BFF On The Road: Nordische Filmtage Lübeck 2015



Hauptpreis nach Norwegen

Den mit 12.500 Euro dotierten NDR-Filmpreis – der Preis für einen „Spielfilm von besonderer künstlerischer Qualität, der in einer eigenständigen, schöpferischen Sprache die Gesellschaft widerspiegeln und ästhetisch wie inhaltlich neue Perspektiven eröffnen“ soll – gewann allerdings der norwegische Beitrag „Returning Home“ von Henrik Martin Dahlsbakken. Mit großartigen Naturbildern und Schauspielern beschreibe der Filmemacher ein wichtiges, zeitgenössisches Thema: „Krieg zerstört nicht nur die Länder, in denen er stattfindet, sondern schädigt alle Menschen.“, so ließ die Jury verlauten. Im Film erleben zwei Brüder die Heimkehr ihres in Afghanistan stationierten Vaters, der nach seiner Rückkehr plötzlich verschwindet. Die Jungen begeben sich auf eine aufreibende Suche nach ihm und am Ende ist nichts mehr wie vorher.

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Gleich zwei Preise heimste der isländische Film „Virgin Mountain“ ein, der schon auf der Berlinale zu Beginn des Jahres etliche Zuschauer verzauberte. Zum einen den mit 5ooo Euro dotierten Publikumspreis und zum andern den Kirchlichen Filmpreis, der mit 25oo Euro dotiert ist.

Szene aus "I Want To Be Weird". © GoldHalo/ Brynja Dögg Fridriksdóttir

Szene aus „I Want To Be Weird“. © GoldHalo/ Brynja Dögg Fridriksdóttir

Überhaupt zählen alle isländischen Filme auf den Filmtagen, wie der Eröffnungsfilm „Sture Böcke“ oder das Teenagerdrama von den Westfjorden „Sparrows“ von Rúnar Rúnnarsson zu den sehr starken Filmen im Programm. Jeder einzelne ist schon vor den Filmtagen in Lübeck mit etlichen Preisen in Cannes oder San Sebastian ausgezeichnet worden. Unter den Dokumentarfilmen findet sich schließlich noch ein großartiger isländischer Beitrag, der von Kitty und ihrem Weired Girls Project erzählt, einer britischen Künstlerin, die sich in Island niedergelassen und sich zum Ziel gemacht hat, das Anderssein nicht nur zu promoten, sondern vehement zu feiern und zu inszenieren. So also auch der Titel des isländischen Films: „I Want To Be Weird„. Kitty von-Sometime zählt sich zur MTV-Generation und ist noch immer fasziniert von der Videoart. Ihre Inspiration zieht sie vor allem aus Musik und Farben. Sie inspirieren sie zu ihren neuen Videoinszenierungen, die sie mit ihrem „Weird Girls Project“ umsetzt. Alles entstand als Experiment mit Freundinnen, mit denen sie sich in Kostüme steckte und Choreographien vor der Kamera ausführte.
Was sich so dröge anhört, ist in Ton und Farbe an Schönheit und Perfektion kaum zu überbieten. Was die Frauen plötzlich sogar in Spandex-Kostümen an Energie und Selbstbewusstsein entwickelten, kam zuerst völlig unerwartet. Mittlerweile hat sie 16 Filme, die sie Episoden nennt, gedreht. Für jede Aktion der Weired Girls sucht sie eine andere Location, um dort eine Art Fotovideo zu machen, das jeweils zu einem Thema verschiedenste Frauen in entsprechende Kostüme und damit neue Rollen steckt.
Sie selbst ist anfangs noch selber Part der Inszenierungen, begreift sich inzwischen als Regisseurin der Aktionen und tritt nur noch selten vor der Kamera in Aktion. Fern von verzerrten Idealbildern der Medienwelt finden die Frauen in diesen Episoden zu einem neuen Körpergefühl und mehr Selbstsicherheit. Die studierte Sozialanthropologin, Journalistin und Dokumentarfilmerin Brynja Dögg Fridriksdóttir war selbst einige Jahre als Kamerafrau bei den Episode-Shootings dabei und begann schließlich auch „behind the scenes“ zu drehen und Kitty mit all ihrer Energie, Leidenschaft und in ihrem endlosen Kampf in Island als Künstlerin anerkannt zu werden, für ihren Dokumentarfilm zu porträtieren. Dabei ist ein wunderschöner kleiner Film entstanden, der von einer unglaublich kreativen und starken Frau erzählt, die in ihrer Kunst das Leben zum Tanzen bringt und noch jeden von Musik und Farbe überzeugt kriegt.

SuT

Die 57. Nordischen Filmtage Lübeck fanden von 4. bis 8. November 2015 statt.

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