Best of 2025: Die Lieblinge der BFF-Redaktion


IN DIE SONNE SCHAUEN © Studio Zentral
IN DIE SONNE SCHAUEN © Studio Zentral

2025 war ein gutes Kinojahr, da war sich die BFF-Redaktion beim Adventskaffee einig. Irre viele Perlen, Überraschungen und schöne Irritationen waren dabei, aufregende Takes auf den Genrefilm, spannungsgeladene und zugleich politische Actionstreifen, berührendes Autorenkino und vieles mehr. Selbst in Sachen deutscher Film hat die Redaktion einige Highlights verbucht, allen voran natürlich die beeindruckend inszenierte Oscarhoffnung IN DIE SONNE SCHAUEN von Mascha Schilinski, der in vier Best-Ofs von uns auftaucht – ebenso wie THE SECRET AGENT von Kleber Mendonça Filho, SENTIMENTAL VALUE von Joachim Trier und SIRĀT von Oliver Laxe. Immerhin dreimal sind DIE MY LOVE von Lynne Ramsay und IF I HAD LEGS I’D KICK YOU von Mary Bronstein vertreten – und damit auch ein Film, der gleich zum Start des Festivaljahres bei der Berlinale überzeugte.

Auch Klassiker wie die Filme von Gregg Araki und sogar 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM wurden (wieder) entdeckt, denn wie in den Vorjahren haben wir in der Redaktion einfach alles gesammelt, was uns dieses Jahr quasi beim erstmaligen Schauen in den Bann gezogen hat – es sind auch Serien und Kurzfilme darunter sowie Filme, die die Autor*innen bei verschiedenen (Berliner) Filmfestivals oder als Teil von Auswahljuries schauen durften. Die BFFs reichen zudem von unkommentierten Listen bis zu ausformulierten TOP TENs und sogar eine TOP 20 ist mit am Start.

Wir wünschen fröhliches Stöbern im redaktionellen BFF-Best-Of-Sammelsurium!

PATERNAL LEAVE © Match Factory Productions, Wildside
PATERNAL LEAVE © Match Factory Productions, Wildside

Meine Lieblingsfilme 2025:

PATERNAL LEAVE von Alissa Jung
SCHWESTERHERZ von Sarah Miro Fischer
PLAYTIME von Lucia Murat
MIT DER FAUST IN DIE WELT SCHLAGEN von Constanze Klaue
TOXIC von Saulė Bliuvaitė
FORMEN MODERNER ERSCHÖPFUNG von Sascha Hilpert
IN DIE SONNE SCHAUEN von Mascha Schilinski
SENTIMENTAL VALUE von Joachim Trier
NOCH BIN ICH NICHT, WER ICH SEIN MÖCHTE von Klára Tasovská
STOLZ UND EIGENSINN von Gerd Kroske
KÖNIGE DES SOMMERS von Louise Courvoisier
NIKI DE SAINT PHALLE von Céline Sallette
LITTLE TROUBLE GIRLS von Urška Djukić
MÄDCHEN MÄDCHEN von Martina Plura
SISTERQUEENS von Clara Stella Hüneke

Stefanie Borowsky

THE ASSISTANT © Lights On
THE ASSISTANT © Lights On

2025 war ein starkes Kinojahr. Bei der Berlinale blieben mir vor allem IF I HAD LEGS I’D KICK YOU und KONTINENTAL ’25 in Erinnerung. Im Rahmen der „Arsenal on Location“-Reihe konnte ich das Programm „Pioneers of Black British Cinema“ kuratieren und unter anderem die neuen Restaurierungen von HANDSWORTH SONGS und THE LAST ANGEL OF HISTORY von John Akomfrah und dem Black Audio Film Collective im City Kino Wedding zeigen. Und THE SECRET AGENT und SIRĀT waren auf der großen Leinwand unglaublich spannend.

Darüber hinaus war es auch ein Jahr der filmischen Zeitreisen. Denn in vielen meiner Lieblingsfilme werden Geschichten aus der Vergangenheit in die Gegenwart projiziert und die Gegenwart in der Vergangenheit gespiegelt. Mark Jenkins ROSE OF NEVADA versetzt George MacKay und Callum Turner an Bord eines mysteriösen alten Fischerboots im wahrsten Sinne des Wortes in der Zeit zurück. Mascha Schilinskis IN DIE SONNE SCHAUEN lässt über 100 Jahre hinweg verschiedene Zeitebenen auf einem Bauernhof in der (ost)deutschen Provinz verschwimmen. Die politischen Wandel vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart ereignen sich dabei im Hintergrund und hinterlassen hypnotische Spuren in den Schicksalen der Bewohner*innen. Die wunderbare Gesellschaftsparodie THE ASSISTANT von Anka & Wilhelm Sasnal scheint sich selbst nicht sicher zu sein, wann sie eigentlich spielen will. Adaptiert von Robert Walsers Erzählung vom Anfang des 20. Jahrhunderts, ticken die Uhren für den hilflosen Gehülfen Joseph auf dem imposanten Gutshof des vermeintlichen Erfinders Tobler anders, als in der Stadt. Einen Blick zurück wirft auch Igor Bezinovićs augenzwinkernde Dokumentation FIUME O MORTE!. Das anarchische Reenactment, in dem die Besetzung der nordadriatischen Hafenstadt Fiume (heute Rijeka) durch den extravaganten italienischen Dichter und Kriegsnarren Gabriele D’Annunzio nachgestellt wird, mag auf den ersten Blick vollkommen absurd erscheinen. Allerdings nur so lange, bis man in die Gegenwart schaut …

Langfilme

THE ASSISTANT (OT: CZLOWIEK DO WSZYSTKIEGO, 2025, Anka Sasnal & Wilhelm Sasnal)
FIUME O MORTE! (2025, Igor Bezinović)
IF I HAD LEGS I’D KICK YOU (2024, Mary Bronstein)
IN DIE SONNE SCHAUEN (2025, Mascha Schilinski)
KONTINENTAL ’25 (2025, Radu Jude)
ROSE OF NEVADA (2025, Mark Jenkin)
THE SECRET AGENT (OT: O AGENTE SECRETO, 2025, Kleber Mendonça Filho)
SIRĀT (2025, Óliver Laxe)

(Wieder)entdeckungen

HANDSWORTH SONGS (1986, John Akomfrah)
NOMAD (1982, Patrick Tam)
Die Filme von Gregg Araki: THE LIVING END (1992) & TOTALLY F***ED UP (1993)

Henning Koch

IF I HAD LEGS I'D KICK YOU © Logan White / © A24
IF I HAD LEGS I’D KICK YOU © Logan White / © A24

Mein Blick in meine Bestenliste 2025 hat ein eindeutiges Fazit: Ich war bei zu wenigen Kurzfilmfestivals dieses Jahr! Dieser Teil der Liste ist sonst definitiv länger. In Sachen Langfilm hab ich 2025 als unglaublich cineastisches Jahr erlebt – ein Jahr, in dem Kino so richtig zeigt, was es kann. Ganz gleich, ob es überrascht und berührt (IN DIE SONNE SCHAUEN), von der ersten bis zur letzten Minute fesselt (ONE BATTLE AFTER THE OTHER), einen bis ins Mark erschüttert und irritiert (SIRĀT) oder in dokumentarischen Langzeitstudien einen immersiven Sog erzeugt (MY UNDESIRABLE FRIENDS und CONBODY VS EVERYBODY). 2025 war für mich auch das Jahr der verschmitzten Genre-Anti-Filme, mit dem sagenhaften THE SECRET AGENT als antiklimaktischem Agententhriller voller bezaubernder Hommagen und THE MASTERMIND als augenzwinkerndes Heist-Movie, das einfach nicht loszugehen scheint. Außerdem hab ich mit 2001: ODYSEE IM WELTRAUM endlich einen Klassiker nachgeholt, den ich bestimmt immer mal wieder schauen werde.

Langfilme
THE SECRET AGENT von Kleber Mendonça Filho
IF I HAD LEGS I’D KICK YOU von Mary Bronstein
ONE BATTLE AFTER THE OTHER von Paul Thomas Anderson
DIE SAAT DES HEILIGEN FEIGENBAUMS von Mohammad Rasoulof
SIRĀT von Óliver Laxe
ON BECOMING A GUINEA FOWL von Rungano Nyoni (großes Highlight der 18. Ausgabe Afrikamera)
2001: ODYSSEE IM WELTRAUM von Stanley Kubrick (late to the party, was ein zeitloser Burner)
IN DIE SONNE SCHAUEN von Mascha Schilinski
MY UNDESIRABLE FRIENDS: PART 1 – LAST AIR IN MOSCOW von Julia Loktev
SENTIMENTAL VALUE von Joachim Trier
KILL THE JOCKEY von Luis Ortega
CONBODY VS EVERYBODY von Debra Granik (gesehen und besprochen bei der 69. DOK Leipzig)
THE MASTERMIND von Kelly Reichardt

Kurzfilme
SEXY BEIJING – LOOKING FOR DOUBLE HAPPINESS von Anna Sophie Loewenberg alias Su Feing
LIKE WHAT WOULD SORROW LOOK von Hao Zhou (LUCA Filmpreis für Geschlechtergerechtigkeit beim 37. Filmfest Dresden)
THEIR EYES von Nicolas Gourault (gesehen bei der 75. Berlinale und den Berlinale Shorts)
DREAMS LIKE PAPER BOATS von Samuel Suffren
PARADAIZ von Matea Radic
GOD IS SHY von Jocelyn Charles
RADIX von Anne Breymann

Marie Ketzscher

SIRÅT © Pandora Film / QuimVives
SIRÅT © Pandora Film / QuimVives

1. EDEN (R: Ron Howard)
2. THE SECRET AGENT (R: Kleber Mendonça Filho)
3. 28 YEARS LATER (R: Danny Boyle)
4. DIE SAAT DES HEILIGEN FEIGENBAUMS (R: Mohammad Rasulof)
5. HOUSE OF DYNAMITE (R: Kathryn Bigelow)
6. SIRĀT (R: Óliver Laxe)
7. WENN DER HERBST NAHT (R: François Ozon)
8. FRANKENSTEIN (R: Guillermo del Toro)
9. SENTIMENTAL VALUE (R: Joachim Trier)
10. DIE MY LOVE (R: Lynne Ramsay)

Michaela Grouls

DIE MY LOVE © MUBI Credit Kimberly French
DIE MY LOVE © MUBI Credit Kimberly French

Wieder ein Jahr in Filmen: Diese zehn sind voller Schmerz und Hoffnung, voller Verzweiflung und Zuversicht. Wütend, witzig, weird – nah an den Figuren und Protagonist*innen, immer mit ihnen und nie gegen sie. Damit vermitteln sie auch einen Weg durch eine schmerzhafte Welt: gemeinsam
widerständig.

DIE MY LOVE (R: Lynne Ramsay)
WAKE UP DEAD MAN – A KNIVES OUT MYSTERY (R: Rian Johnson)
THE MYSTERIOUS GAZE OF THE FLAMINGO (R: Diego Céspedes)
WENN DU ANGST HAST NIMMST DU DEIN HERZ IN DEN MUND UND LÄCHELST (R: Marie
Luise Lehner)
MEMOIR OF A SNAIL (R: Adam Elliot)
DIE MÖLLNER BRIEFE (R: Martina Priessner)
CHERUB (R: Devin Shears)
A REAL PAIN (R: Jesse Eisenberg)
KILL THE JOCKEY (R: Luis Ortega)
COME LA NOTTE (R: Liryc Dela Cruz)

Theresa Rodewald

Leonardo DiCaprio in ONE BATTLE AFTER ANOTHER von Paul Thomas Anderson. © Warner Bros. Pictures
Leonardo DiCaprio in ONE BATTLE AFTER ANOTHER von Paul Thomas Anderson. © Warner Bros. Pictures

EIN FILM NACH DEM ANDEREN

Ein ereignisreiches, politisch aufgeladenes Kinojahr 2025 geht zu Ende. In einer Zeit, die von einem massiven maskulinen Backlash geprägt ist, der sich gegen alles richtet, dass als feministisch oder woke gelesen wird, richten viele Filmemacher*innen den Fokus verstärkt auf die Beziehungen von Eltern zu ihren Kindern, vor allem von Vätern zu ihren Töchtern und umgekehrt. Auch Themen wie staatliche Repressionen, Unterdrückung und der Kampf um Freiheit wurden verhandelt und in einigen Filmen war mit postpartaler Depression ein gesellschaftliche Tabuthema besonders präsent.

Bevor ich zu meiner persönlichen Top 20 komme – es gab einfach zu viele gute Filme, um sie hier nicht aufzuführen – hier noch einige honorable mentions, Filme, auf die ich in 2025 auch nicht verzichten mochte: BLACK BAG, BLACK DOG, BLUE MOON, BUGONIA, CAUGHT STEALING, DIE MY LOVE, HARVEST, HELDIN, HYSTERIA, KÖLN 75, KONTINENTAL ’25, NOUVELLE VAGUE, SILENT FRIEND, SING SING, TRAINS, UNDER THE GREY SKY, THE VOICE OF HIND RAJAB, WARFARE, WEAPONS u.v.m.
Nun aber zu meiner Best Of ’25, wie immer unter dem Vorbehalt der Unvollständigkeit.

20…TRAIN DREAMS (USA 2025) R: Clint Bentley
Ein Film wie ein Gedicht. Nach ihrem bewegenden Gefängnisdrama SING SING erzählen Bentley und sein Co-Autor Greg Kwedar in ihrer betörend opulent bebilderten Literaturverfilmung von einem Holzfäller Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Film feiert die Schönheit der Natur und ist zugleich eine Hommage an die unbesungenen Helden des amerikanischen Aufstiegs.

19…IF I HAD LEGS I’D KICK YOU (USA 2025) R: Mary Bronstein
Eine Psychiaterin erlebt die Freuden von Schwangerschaft und Geburt als nicht enden wollenden Alptraum. Wer ein Feelgood Movie erwartet, ist hier falsch aufgehoben. Mary Bronsteins Comeback erreicht eher das Stresslevel einer ganzen Staffel von THE BEAR oder eines Films der Safdie Brothers. Darüberhinaus ist er aber durchaus witzig und zeigt die fantastische Rose Byrne in einer Performance, die ihr im kommenden Frühjahr eine Oscarnominierung einbringen sollte, mindestens.

18…April (Georgien 2024) R: Dea Kulumbegashvili
In einer landschaftlich wie menschlich kargen Region geht eine Ärztin immer wieder große Risiken ein, weil sie sich an den hippokratischen Eid gebunden sieht. Sie nimmt streng verbotene Abtreibungen vor. Inkognito gedreht, gibt dieser Film Einblick in eine Gesellschaft, deren demokratischer Aufbruch schon wieder beendet zu sein scheint.

17…28 YEARS LATER (UK 2025) R: Danny Boyle
Ein knappes Vierteljahrhundert später kehren Boyle und sein Co-Autor Alex Garland in ihre von einem aggressiven Virus geplagte Zombiewelt zurück. Eine Gruppe von Überlebenden hat sich auf einer kleinen, der Küste vorgelagerten Insel verschanzt, während auf dem englischen Festland weiterhin die Untoten ihr Unwesen treiben. Boyles packender Horrorfilm ist der Auftakt zu einer Trilogie, die im kommenden Frühjahr mit dem (dem Vernehmen nach) deutlich blutigeren THE BONE TEMPLE von Nia DaCosta fortgesetzt wird.

16…DAS MÄDCHEN MIT DER NADEL (Dänemark 2024) R: Magnus von Horn
Eine junge, arbeitslose Mutter dient sich 1919 einer freundlich auftretenden Serienmörderin an. Stark vom expressionistischen deutschen Film der 1920er Jahre inspiriertes Horrordrama, das trotz seiner morbiden und Grauen erregenden Story in faszinierende Bilder von bizarrer Schönheit gekleidet ist.

15…FÜR IMMER HIER (Brasilien 2024) R: Walter Salles
Ein sympathischer Familienvater und ehemaliger oppositioneller Abgeordneter wird eines Tages in den 1970ern von der Militärjunta abgeholt und kehrt nie wieder zurück. Das aufwühlende Drama beruht auf der wahren Geschichte seiner Familie, vor allem seiner Frau, und deren jahrzehntelangem Kampf um die Anerkennung der Wahrheit. Salles gewann dafür Brasiliens ersten Oscar.

14…HAMNET (USA 2025) R: Chloé Zhao
William Shakespeare und seine Frau Agnes müssen den Verlust ihres Sohnes hinnehmen. Was als romantischer Liebesfilm beginnt, mündet in ein Drama über unbändige Mutterliebe und die Kraft der Kunst bei der Verarbeitung persönlicher Tragödien. Jessie Buckley und Paul Mescal spielen oscarreif, während Lukasz Zal den Film in betörend schöne Bilder taucht. Historiendrama, Literaturverfilmung und ein echter Tearjerker.

13…RESURRECTION (China 2025) R: Bi Gan
Ein Film, der sich nur schwer in wenige Worte fassen lässt. In sechs traumhaften Episoden erzählt der Film die Geschichte Chinas im 20. Jahrhundert. Jede Episode präsentiert zugleich eine andere Epoche und einen anderen Stil der Filmgeschichte. Auf den expressionistischen Stummfilm folgen Film Noir, Kriegsfilm, Melodram und eine philosophische Meditation bevor der Film in eine atemberaubende 36-minütige Plansequenz mündet, die in der Kinogeschichte ihresgleichen sucht. Bi Gans Film ist ein rätselhaftes, faszinierendes Meisterwerk.

12…EDDINGTON (USA 2025) R: Ari Aster
Ein Corona leugnender Kleinstadtsheriff sieht seine Welt auseinanderbrechen. Wie schon Asters letzter Film, BEAU IS AFRAID (2023), ist auch EDDINGTON eine gnadenlose Dekonstruktion des weißen amerikanischen Mittelstandsmannes. Asters Lust an der satirischen Überspitzung greift aber auch auf alle anderen gesellschaftlichen Schichten über. Sein Film mag an Ideen und Anspielungen überladen sein, ein großer Spaß ist er dennoch.

11…NO OTHER CHOICE (Südkorea 2025) R: Park Chan-wook
Ein arbeitsloser Familienvater beseitigt planmäßig alle Leute, die seiner nächsten Anstellung im Wege stehen könnten. Parks Satire auf den kaltherzigen Turbokapitalismus, der die südkoreanische Gesellschaft fest im Griff hat, ist meisterlich erzählt und exzellent gestaltet. Seine kreativen Kameraeinstellungen und ungewöhnlichen Schnittentscheidungen werden zukünftig an Filmhochschulen analysiert werden. Allein die erste, verblüffende Mordszene gehört zu den Highlights des Jahres.

10…NOSFERATU (USA 2024) R: Robert Eggers
Ein verwesender Vampir bringt den Tod in eine Biedermeiergemeinde. An Eggers Remake des Murnau-Klassikers von 1922 bestechen neben seiner Gruselstory die akribisch recherchierte, detailreiche Ausstattung, die Kostüme und vor allem Jarin Blaschkes himmlische Fotografie.

9…IN DIE SONNE SCHAUEN (Deutschland 2025) R: Mascha Schilinski
Auf einem Bauernhof in der Altmark erleben vier Generationen von Frauen ein Jahrhundert der Umbrüche, der Gewalt und der Bevormundung. Schilinskis exzellenter Film beweist, dass das deutsche Kino mehr draufhat als plumpe Komödien, generische Krimis und seifige Betroffenheitsrhetorik.

8…SIRÂT (Spanien/Frankreich 2025) R: Oliver Laxe
Ein Gruppe von Ravern erlebt einen mörderischen Trip durchs marokkanische Hinterland. Definitiv ein Film, für den meine Begeisterung in den vergangenen Monaten nochmal deutlich zugelegt hat. Laxes oft nur in Andeutungen erzählter Film ist audiovisuelles Überwältigungskino, wie man es nur in einem großen dunklen Saal mit guter Anlage und vielen Zuschauern erleben sollte.

7…SINNERS (USA 2025) R: Ryan Coogler
Die Gangsterzwillinge Smoke und Stack (Michael B. Jordan) kehren in den 1930ern in ihr Südstaatenkaff zurück, um dort einen Juke Joint zu eröffnen. Doch schon am ersten Abend bekommen sie unerwarteten Besuch. Cooglers grandioser Genre-MashUp aus Gangsterfilm und Vampirhorror war im Frühjahr der Überraschungserfolg an den Kinokassen. Im Kern erzählt der Film aber von den afroamerikanischen Wurzeln des Blues (mithin der gesamten modernen Popmusik) und ihrer kulturellen Aneignung durch eine weiße Mehrheitsgesellschaft. Das mündet in eine Genre, Zeit und Style überwindende Sequenz zum Song „I Lied To You“ – ein fünfminütiger Rausch und die wahrscheinlich beste Szene des Jahres.

6…THE BRUTALIST (USA 2024) R: Brady Corbet
Ungarische Holocaustüberlebende müssen erfahren, dass ein Aufstieg in die amerikanische Mittelschicht nur Jenen gewährt wird, die bereit sind, sich anzupassen und ihre Ausbeutung zu akzeptieren. Corbets gnadenlose Dekonstruktion des amerikanischen Traums gehörte zu den Überfliegern der vergangenen Oscar Saison. Sein Dreieinhalbstundenepos gewann u.a. drei Oscars für Kamera, Musik und Hauptdarsteller Adrien Brody.

5…THE SECRET AGENT (Brasilien 2025) R: Kleber Mendonça Filho
Ein ehemaliger Hochschulprofessor muss in den 1970ern in seiner Heimatstadt untertauchen, um den Killern der Militärjunta zu entgehen. O AGENTE SECRETO ist kein klassischer Agententhriller, denn Regisseur Filho bricht immer wieder Genreregeln oder umschifft diese elegant. Dennoch unterliegt seinem Film eine permanente Spannung. Es wird auch geschossen und gestorben, aber eben ganz anders, als man es erwartet.

4…NICKEL BOYS (USA 2024) R: RaMell Ross
Der Leidensweg zweier junger Afroamerikaner in einer berüchtigten Besserungsanstalt in den 1960er Jahren. RaMell Ross’ kongeniale Verfilmung des Romans von Colson Whitehead ist permanent aus der Ich-Perspektive seiner beiden Protagonisten erzählt. Die stillen Momente der Freundschaft aber auch die der brutalen Demütigungen werden so immersiv erfahrbar. Schon jetzt ein moderner Klassiker des afroamerikanischen Films.

3…EIN EINFACHER UNFALL (Iran/Frankreich 2025) R: Jafar Panahi
Ein Ex-Häftling entdeckt einen früheren Peiniger und entführt ihn. Mit anderen Leidensgenoss*innen berät er, was mit dem Folterknecht geschehen soll. Doch in der Gruppe mehren sich Zweifel. Panahi, selbst jahrelang inhaftiert und mit Arbeitsverbot belegt, hat aus dieser Geschichte keinen klassischen Rachethriller gestrickt, sondern nähert sich mit seinem von feinem Humor durchzogenen Film vielmehr ihrem profunden Humanismus. Ihr Ausgang mündet in der besten Schlusseinstellung des Jahres. In Cannes gab es dafür zu Recht die Goldene Palme und auch bei den kommenden Oscars dürfte dieser exzellente Film kaum leer ausgehen.

2…SENTIMENTAL VALUE (Norwegen 2025) R: Joachim Trier
Eine lange abwesender Vater tritt erneut in das Leben seiner erwachsenen Töchter. Familiengeheimnisse, Enttäuschungen und offen liegende Wunden – Triers Film wendet sich durchaus schwierigen Themen zu. Doch wie schon in DER SCHLIMMSTE MENSCH DER WELT (mein Lieblingsfilm 2021) gibt er Empathie und Humor genügend Raum, den Film zugänglich zu machen. Nicht nur die Darsteller leisten hervorragendes, auch Trier erweist sich erneut als genialer Erzähler und als der vielleicht wichtigste skandinavische Filmemacher unserer Tage.

1…ONE BATTLE AFTER ANOTHER (USA 2025) R: Paul Thomas Anderson
Von Vielen als der Film des Jahres gepriesen, geht ONE BATTLE AFTER ANOTHER als Topfavorit in die kommende Oscar Saison. Eigentlich erstaunlich, handelt es sich hier doch um eine ziemlich wilde Geschichte über einen abgehalfterten Ex-Revoluzzer, seine Teenager-Tochter und einen alten Feind, der beide vernichten will. Doch, ob geplant oder nicht, der Film berührt so viele aktuelle Themen und zeichnet ein so präzises Bild der Vereinigten Staaten im Jahr 2025, dass seine soziokulturelle Bedeutung kaum überschätzt werden kann. Darüber hinaus würzt Anderson seine eigentlich dramatische Geschichte mit galligem Humor und zeigt viel Empathie für seine Underdogs. Und so könnte die Oscarverleihung im März zur Krönungsmesse eines Regisseurs werden, der zumindest mich in den letzten 30 Jahren nicht einmal enttäuscht hat. Warum? Weil ONE BATTLE AFTER ANOTHER tatsächlich der beste Film des Jahres ist und weil Gerechtigkeit sich hin und wieder doch ganz gut anfühlt.

Thomas Heil

DER GEHEIMNISVOLLE BLICK DES FLAMINGOS © Filmreederei GmbH
DER GEHEIMNISVOLLE BLICK DES FLAMINGOS © Filmreederei GmbH

Diese 10 Filme haben mich 2025 überzeugt (plus eine Netflix-Serie):

  1. DER GEHEIMNISVOLLE BLICK DES FLAMINGOS (CHL, FR, D, ESP, B 2025); R: Diego Céspedes
    Dieser Film ist meine unangefochtene Nummer eins. DER GEHEIMNISVOLLE BLICK DES FLAMINGOS blickt in die Vergangenheit zurück und zeigt schonungslos, wie queere Menschen damals behandelt wurden. Er ist erschütternd, traurig, aber gleichzeitig auch liebevoll. Die politische Entwicklung (wie etwa in den USA) zeigt, dass auch heute queere Menschen weiterhin oder erneut von der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Der Film setzt für mich ein Zeichen, Menschen eben nicht auszugrenzen. Ich kann jedem nur empfehlen, sich diesen Film anzuschauen.
  2. HOT MILK (UK 2025), R: Rebecca Lenkiewicz
    Mitten in einer traumhaften Kulisse entfaltet sich ein absoluter Albtraum: eine im Rollstuhl sitzende Mutter engt ihre Tochter ein und überschreitet dabei Grenzen. Mutter-Tochter-Beziehungen sind nicht immer einfach. Doch HOT MILK treibt diese Dynamik auf die Spitze. Ebenfalls ein Film, der bei mir – wie DER GEHEIMNISVOLLE BLICK DES FLAMINGOS – noch lange nachhallen wird.
  3. LIKE A COMPLETE UNKNOWN (USA 2024), R: James Mangold
    Ich habe den Film bei der Berlinale gesehen und er war für mich mein persönliches Highlight. Ich war nie ein großer Bob Dylan-Fan, aber die Chemie zwischen Timothée Chalamet und Monica Barbaro ist wunderbar mit anzusehen. Man merkt, wie viel Arbeit Timothée Chalamet in seine schauspielerische Leistung gesteckt hat – er nahm bereits fünf Jahre zuvor Gitarrenunterricht und bereitete sich intensiv auf seine Rolle als Bob Dylan vor. Auch wenn ich nicht aus dieser Zeit stamme, verspürte ich dennoch einen Hauch von Nostalgie für die 60er Jahre.
  4. MICKEY 17 (USA 2025), R: Bong Joon-ho
    Mit einer Laufzeit von 2:19 Stunden ist der Film zwar etwas zu lang, dennoch macht es großen Spaß, Robert Pattinson dabei zuzusehen, wie er nach seinem Tod immer wieder in einem Drucker neu generiert wird und dann infolge eines Druckfehlers seinem Klon begegnet. Nicht zu vergessen Mark Ruffalo, dessen Rolle deutliche Ähnlichkeiten mit Donald Trump aufweist, sowie Toni Collette in der Rolle seiner Ehefrau.
  5. ONE BATTLE AFTER ANOTHER (USA 2025), R: Paul Thomas Anderson
    Und weiter geht es mit dem nächsten verrückten Film. Ich war von ONE BATTLE AFTER ANOTHER begeistert. Zwar ziehen sich die ein oder anderen Szenen in die Länge, doch Sean Penn ist in seiner Paraderolle als perverser und entgleister Militäroffizier beeindruckend. Auch Leonardo DiCaprio sowie Benicio del Toro sind in ihren Rollen gewohnt herausragend. Ein sehr wichtiger Film – erschreckend, wie nah die Erzählung der aktuellen Realität der USA kommt.
  6. ETERNITY (USA 2025), R: David Freyne
    Was machen wir eigentlich nach dem Tod? In ETERNITY werden die Toten in einem riesigen Foyer „abgestellt“ und müssen warten. Dort haben sie eine Woche Zeit, sich ihre „Ewigkeit“ auszusuchen. In der Gestalt, in der sie am glücklichsten waren, müssen sie eine Entscheidung fürs Leben – oder vielmehr für immer – treffen. ETERNITY zeigt, dass Regeln und Gesetze nach dem Leben weiterbestehen. Ein sehr unterhaltsamer, skurriler und einfühlsamer Film.
  7. DIE MY LOVE (UK, USA 2025), R: Lynne Ramsay
    Jennifer Lawrence und Robert Pattinson spielen ein Paar, das mit Problemen kämpft: Depressionen nach der Schwangerschaft, Beziehungsprobleme, Frustration – all dies wird im Film eindrucksvoll und intensiv dargestellt. Besonders irre sind die Szenen, als Lawrence sich wie eine Löwin im Dickicht vor ihrem Haus räkelt, doch ihre schauspielerische Leistung bleibt durchweg überzeugend. Robert Pattinson gerät dabei etwas in den Hintergrund. Insgesamt etwas gewöhnungsbedürftig, dennoch behandelt DIE MY LOVE ein sehr wichtiges Thema.
  8. FRANKENSTEIN (USA 2025), R: Guillermo del Toro
    Es gab schon unzählige Verfilmungen von Frankenstein. Man könnte also meinen, es gibt nichts Neues zu sehen, doch dieser Film beweist das Gegenteil. Die Geschichte von Frankenstein wird nicht neu erzählt, aber Guillermo del Toro gelingt es, dem Monster in einer wunderschönen Kulisse eine Seele einzuhauchen. Man spürt seinen Schmerz und seine Sehnsucht nach Anerkennung und Liebe. Die Kostümierung von Jacob Elordi ist aufwendig, einzigartig und lässt das Monster verletzlich wirken. Ein sehr gelungener und zugleich trauriger Film.
  9. WEAPONS (USA 2025), R: Zach Cregger
    WEAPONS unterscheidet sich von den Horrorfilmen, die mich mittlerweile im Kinosessel einschlafen lassen (wie bei CONJURING 4 – ich bin einfach eingenickt). Es gibt Schockmomente, die es WIRKLICH in sich haben, dabei aber nicht übertrieben dargestellt werden, sondern echte Angst erzeugen – etwa, wenn plötzlich Menschen einfach losstürmen.
  10. WAS IST LIEBE WERT – THE MATERIALISTS (USA 2025), R: Celine Song
    Ich habe lange überlegt, ob ich mir den Film anschauen soll, denn im ersten Moment hat mich die Idee nicht überzeugt. Da ich jedoch ein großer Fan von Celine Song bin, habe ich ihn mir angesehen und war überrascht – denn ich hatte mit einer kitschigen Hollywood-Schnulze gerechnet. Dem war aber nicht so. Der Film behandelt die Vermarktung von Liebe: wer am besten zu wem passt und wer vielleicht noch besser zu uns passen würde. Eine Strategie, die in unserer Welt, etwa bei der Nutzung von Dating-Apps, alltäglich ist. Besonders gefallen hat mir, wie nüchtern die Figur Lucy Mason (Dakota Johnson) mit dem Thema Liebe umgeht, da es für sie in erster Linie ein Geschäft ist. Es gibt wenig oberflächliches Drama; stattdessen überzeugt der Film durch Tiefe und eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem Problem der Partnerwahl.

+1 THE BEAST IN ME (2025)(Serie)
Die Suche nach einer guten Serie dauert bei mir mittlerweile oft lange, deshalb habe ich mich umso mehr gefreut, endlich wieder eine Serie zu finden, die man nicht aufhören kann, zu schauen. Claire Danes als gebrochene Autorin und Matthew Rhys als unbändiger Killer sind schlicht faszinierend. Man kann einfach nicht wegschauen und will unbedingt wissen, wie dieser Krimi endet. THE BEAST IN ME ist brutal und witzig.

Larissa Reznicek